Stadtversammlung der Münchner Grünen (26. Juli ’10)

Die Juli-Stadtversammlung fand am 26. Juli 2010 statt und war wieder außerordentlich gut besucht – ziemlich genau 100 stimmberechtigte Mitglieder und einige Besucher waren anwesend. Geschuldet war das wohl der angekündigten Aussprache zum Hygiene-Skandal, aber auch eine ganze Reihe weiterer Tagesordnungspunkte sorgten dafür, dass die Versammlung bis gut 23:30 Uhr dauerte. Zwei der ursprünglich für diesen Tag vorgesehenen Anträge wurden aus Zeitgründen auf die nächste Stadtversammlung verschoben. Eine besondere Erwähnung verdient wohl die Moderation von Beppo (neben Doris und Jürgen), der mit seiner Akribie für Ordnung und mit pikanten Geschichten aus diversen Hotelzimmern für Unterhaltung sorgte…

Zu den Problemen rund um die Münchner Kliniken gab es drei Stellungnahmen: Hep Monatzeder schilderte die Ereignisse auf und in Folge der Aufsichtsratssitzung am 2. Juli, auf der sie erstmals über die Hygiene-Probleme im Klinikum Bogenhausen erfuhren. Er war demnach um ein sofortiges Aufklärung der Sache bemüht, drei der Geschäftsführer wurden auch innerhalb weniger Tage gekündigt. Den Fehler beim SZ-Interview räumte er ein, rügte aber auch den Umgang einiger Medien mit seiner Person, insbesondere seitens der Abendzeitung. Die Vorwürfe seitens der CSU wären haltlos (in dem Brief, in dem ein CSU-Stadtrat bereits vor Monaten auf das Problem hingewiesen haben wollte, ging es so um einen gänzlich anderen Sachverhalt). Lydia Dietrich bestätigte in ihrem Bericht die Schilderungen Heps. Das Krisenmanagement habe demnach hervorragend funktioniert, auch sie kritisierte die „Schlammschlacht auf fragwürdigem Niveau“. Sie betonte aber auch, dass es natürlich sei, dass man Mitglieder der eigenen Partei fördere – wie auch immer das in Bezug auf den konkreten Streitfall (Fuß) zu verstehen ist. Joachim Lorenz (Gesundheitsreferent) sprach dann noch ausführlich und anschaulich über die Probleme, die Vielzahl an Praxen und Kliniken in München zu kontrollieren, und darüber, dass es in kleineren Kommunen wohl noch schwieriger ist als im vergleichsweise noch gut ausgestatteten München.

Die Diskussion verlief überraschend wenig kontrovers. Dieter Janecek kritisierte die Tendenz bei den Münchner Grünen, von der Presse verwendete negativ besetzte Schlagwörter („Filz“ etc.) vorschnell zu übernehmen. Außerdem sei die aktuelle Diskussion kein passender Anlass für die Frage nach einem Generationswechsel – wohl eine Anspielung auf Hannas und Nikolaus‘ Interview in der SZ. Sigi Benker wurde von einer Rednerin kritisiert, da er wohl als Aufsichtsratsvorsitzender für MünchenStift gehandelt werde. Dieser antwortete, er habe lediglich einmal das Interesse an einer Bewerbung bekundet – das Thema werde aber erst 2013 wirklich aktuell.

Anschließend stellte Florian Vogel seinen Antrag vor, den es auch in der beschlossenen Fassung (es gab mehrere Änderungsanträge auf der Versammlung) online nachzulesen gibt.

Überraschend kurz abgehandelt wurde der Antrag zur Olympa-Bewerbung Münchens. Seit dem knappen Votum für eine Bewerbung im Oktober 2009 ist die Bewerbung ja das große Streitthema innerhalb der Münchner Grünen, wobei die allgemeine Stimmung inzwischen anscheinend recht klar ins Negative gekippt ist. Nach der finanziellen Schieflage der Bewerbungsgesellschaft spricht sich der Antrag gegen eine Finanzierung der Bewerbung über Steuergelder aus, auch gegen eine Querfinanzierung über die städtischen Unternehmen. Auch die Vertreter der Stadtratsfraktion sprachen sich für den Antrag aus, er wurde anschließend mit großer Mehrheit angenommen.

In einem weiteren Antrag ging es um die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko. Der Antrag forderte einerseits, einen Katalog ethischer Kriterien zu entwickeln, anhand derer städtische Betriebe künftig dagegen verstoßende Unternehmen ausschließen könnten. Gefordert wurde andererseits ein übergangsweiser Boykott von BP, bis dieser Katalog ausgearbeitet wäre. In der anschließenden Diskussion wurde vor allem der Boykott kritisiert – dieser suggeriere ja, dass sich andere Öl-Firmen besser verhielten. Durch einen Änderungsantrag wurde dieser Passus gestrichen. Die geänderte Fassung wurde mit klarer Mehrheit beschlossen.

Anschließend stellte Dieter Janecek den Leitantrag für die Landesversammlung („Besser ist mehr“) im Oktober vor – beziehungsweise den Entwurf des Antrags, da dieser noch nicht ganz ausgearbeitet ist. Der Antrag fordert einerseits eine Abkehr vom Leitbild des immer währenden Wirtschaftswachstums, besonders vom Wachstum um seiner selbst willen. Manche müssten in Zukunft auch auf einen Teil ihres Wohlstands verzichten – wobei klar sein müsse, dass nur derjenige verzichten könne, der auch etwas zum verzichten habe. Andererseits fordert der Antrag konkrete Maßnahmen für einen Umbau der Gesellschaft hin zur Klimaneutralität. Dabei müsse auch erneut über ökologische Steuerreformen nachgedacht werden. Neu beschlossene Gesetze sollten einem „Nachhaltigkeits-TÜV“ unterzogen werden. Auch die Bildung müsse weiter gefördert werden. Abschließend rief Dieter dazu auf, sich an der Ausarbeitung des Antrags zu beteiligen.

Die Wahlen der Delegierten für die nächste Landesversammlung (23./24. Oktober in Würzburg) nahmen ebenfalls recht viel Zeit in Anspruch. Auch wenn die etwa 50 BewerberInnen im Durchschnitt nur eine halbe Minute Vorstellungszeit hatten: durch die Wahlphasen und die Auszählung zog sich das ganze recht in die Länge. Unterm Strich wurden bei den Frauenplätzen alle Bewerberinnen gewählt – es gab 16 Bewerberinnen auf 18 Plätze. Bei den verbleibenden 2 Plätzen wird zunächst versucht, sie auf der nächsten Stadtversammlung im August zu besetzen. Falls dies nicht gelingt, werden die Plätze sie üblicherweise für die Männer freigegeben. Bei den 18 offenen Plätzen gab es um die 35 Bewerber. 17 davon wurden auf dieser Stadtversammlung bereits gewählt. Wegen Stimmgleichheit auf Platz 18 muss zwischen den beiden Bewerbern eine Stichwahl erfolgen, was aber auf die nächste Versammlung vertagt wurde.

In einer sehr undenkbaren Situation waren Lydia Dietrich, Katharina Schulze und Gerald Häfner, die während den Auszählphasen über ihre jeweiligen Tätigkeiten berichteten. Die Aufnahmefähigkeit der meisten Anwesenden war zu diesem Zeitpunkt schon völlig erschöpft, der Geräuschpegel war dementsprechend hoch. Nicht wirklich fair gegenüber den ReferentInnen, die einiges zu erzählen hatten:

  • Lydia stellte das am 20. Mai gegründete „Bündnis gegen Homophobie“ und dessen Tätigkeit vor (Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärung, Diskussionen mit Hallenbetreibern).
  • Gerald berichtete von der Einführung der Europäischen Bürgerinitiative . Er hat es nach vielen Mühen geschafft, Berichterstatter für die weitere Ausgestaltung zu werden. Viele Details der Ausgestaltung sind noch strittig: welche Quoren zu erreichen sind (die Mindestzahl von 1 Mio. BürgerInnen ist zwar fest, strittig ist aber beispielsweise, aus wie vielen verschiedenen Ländern die Stimmen kommen müssen), ob zur Teilnahme an den Petitionen ein Personalausweis erforderlich sein soll, wie die EU-Kommission mit den Initiativen zu verfahren hat, und auf welche Themenbereiche sich die Initiativen beziehen können.
  • Katharina stellte sowohl die Mitarbeiter sowie die Arbeit des bayerischen Parteirats vor.

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