Stadtversammlung am 29. November

Die Stadtversammlung der Münchner Grünen am 29. November war rekordverdächtig gut besucht – gut 200 Personen, davon mutmaßlich 188 Mitglieder waren im (bzw. wegen Überfüllung teils vor) dem Wappensaal des Hofbräuhauses versammelt.

Passend dazu wurde zu Beginn der Veranstaltung auch erst einmal ein Rekord gefeiert: mit Jana Wolf wurde das 1000. Mitglied der Kreisverbands München geehrt (Ich selbst hatte Ende letzten Jahres wohl nur recht knapp die ebenfalls gefeierte Nr. 850 verpasst).

Judith Greif gab bekannt, dass sie wegen der Belastung durch ihr Studium ihren Beisitzerposten zum Ende des Jahres leider abgeben würde.

Der wichtigste Punkt des Abends, wegen dem wohl auch der Großteil der Mitglieder kam, war die Vorstands-Nachwahl. Hanna Sammüller ist vor gut zwei Monaten wegen zeitlichen Problemen zurückgetreten, für die Zeit bis zu den nächsten regulären Vorstandswahlen (April oder Mai 2011) musste daher eine neue Vorsitzende gewählt werden. Es bewarben sich Ilga Fink (Sprecherin OV Zentral und des LAKs Medien- und Netzpolitik) und Katharina Schulze (Sprecherin der Grünen Jugend München). Die Wahl war angenehm unaufgeregt, auch der vorangegangene Wahlkampf (beide „tourten“ vorher durch die verschiedenen Ortsverbände und Gremien) schien recht fair zu verlaufen. Das kleine Skandälchen um eine weitergeleitete E-Mail war demnach auch keine Sache zwischen den beiden Kandidatinnen, sondern vielmehr eine Fortsetzung der leidigen Olympia-Streiterei. Bei der Vorstellung gingen beide ungefähr auf ähnliche Punkte ein. Unter anderem soll die Kommunikation innerhalb der Partei verbessert werden, besonders zwischen dem Stadtrat und der Basis, und neue Mitglieder sollen noch stärker eingebunden werden.

Bei der Wahl entfielen auf Katharina 106, auf Ilga 75 Stimmen – Katharina ist damit die neue Stadtvorsitzende, herzlichen Glückwunsch 🙂

Der erste inhaltliche Punkt war eine Resolution „Für eine humane und soziale Flüchtlingspolitik“. Der Antrag war freilich unstrittig, bot aber eine willkommene Gelegenheit, von Sigi Benker, Gülseren Demirel, Anja Edelhäuser und Rudolf Stummvoll über ihre Arbeit, Probleme und Erfolge zu diesem Thema zu erfahren. Der Antrag wurde einstimmig angenommen.

Kilian Roth stellte seinen Antrag für den Ausbau der bestehenden Ganztages-Ferienbetreuung vor, mit Jutta Koller war auch gleich die zuständige Stadträtin anwesend. Auch dieser Antrag wurde angenommen.

Thiemo Nagels Antrag zur Radwegbenutzungspflicht (die deutlich eingeschränkt werden soll) rief eine ganze Reihe an Kommentaren hervor – nicht weil der Antrag sonderlich kontrovers war, sondern weil Fahrradthemen generell recht hoch angesehen sind. Etwas kritischer wurde nur der geforderte Radlkorso beäugt. Über ihn wurde daher noch separat abgestimmt – Zustimmung fand er schließlich genauso wie der Rest des Antrags.

Stadtversammlung am 25. Oktober ’10

Am Montag, den 25. Oktober, also gleich am Tag nach der Landesdelegiertenkonferenz, fand in München wieder eine Stadtversammlung statt. Sie führte das zwischenzeitlich ausgesetzte Prinzip des Stadtteil-Hoppings fort: Gastgeber war diesmal der OV Nord, der für die Stadtteile Moosach, Milbertshofen und Feldmoching-Hasenbergl zuständig ist und die Gelegenheit auch nutzte, die Stadtteile vorzustellen (und dabei bemüht war, gängige Klischees zum Hasenbergl auszuräumen).

Es standen keine hoch emotionalen Themen wie bei der letzten Versammlung auf dem Programm, was sich auch auf die Teilnehmerzahl niederschlug: etwa 60 Personen waren anwesend. Trotzdem, oder gerade deswegen, verlief die Versammlung sehr konstruktiv: es war auch mal Zeit, ausführlicher über Themen zu diskutieren, die sonst links liegen blieben.

Das Hauptthema des Abends war „Inklusion“ – also die gesellschaftliche Teilhabe behinderter Menschen. Dazu kam der Behindertenbeauftragte der Stadt München, Oswald Utz, und stellte die politische Arbeit der Behindertenorganisationen vor, insbesondere des Behindertenbeirats (ein offizielles von der Stadt beauftragtes Gremium der Stadt, in dem sich Organisationen in diesem Fachgebiet einbringen können). Er forderte einerseits, dass die seit 2009 für Deutschland verbindlich geltende Behindertenrechtskonvention der UN auch konsequent umgesetzt wird (er lobte die Konvention in hohen Tönen, vermutete aber auch, dass sich viele UnterzeichnerInnen gar nicht bewusst waren, welche Hohe Standards dadurch gefordert würden). Andererseits rief er zu einem gesellschaftlichen Umdenken auf: Behinderte sollten nicht mehr in Parallelwelten abgedrängt werden (mit separaten Förderschulen, separaten Wohn-Großeinrichtungen, separaten Freizeiteinrichtungen und Arbeitsplätzen), sondern die Möglichkeit erhalten, in der Mitte der Gesellschaft zu leben, ohne dass jede einzeln dafür langwierig kämpfen muss. Der zugehörige Antrag (PDF) an die Stadtversammlung, der von der Stadtratsfraktion Einsatz für einen städtischen Aktionsplan zur Inklusion fordert, stieß auf große Zustimmung. Der Antrag wurde dahingehend ergänzt, dass der Stadtrat im Laufe des nächsten Jahres einen Bericht über die Erstellung des Aktionsplans liefern soll. Strittig war, inwieweit der Behindertenbeirat als zentraler Ansprechpartner für die Erstellung eines Aktionsplans gewürdigt werden sollte. Hier konnte aber die Mehrheit davon überzeugt werden, dass der Beirat hinreichend legitimiert ist. (Oswald Utz betonte eingangs insbesondere die Wichtigkeit eines zentralen Sprachrohrs aller Behindertenverbände, da es in der Vergangenheit bereits mehrfach vorgekommen sei, dass verschiedene Verbände gegeneinander ausgespielt wurden, z.B. Verbände der Blinden gegen die der RollstuhlfahrerInnen).

Heftig diskutiert wurde der (zuvor wiederholt aufgeschobene) Antrag (PDF) von Dominik Schott, sich für eine Änderung der aktuellen Praxis bei den Maklerprovisionen einzusetzen. Das Kernproblem ist, dass in heiß umkämpften Mietmärkten wie München Vermieter häufig Makler beauftragen, Mieter zu suchen, die Gebühren dafür aber der Mieterin auferlegt werden – obwohl der Makler eben im Interesse der Vermieterin handelt und verhandelt. Bei der Diskussion, zu der es rekordverdächtige 15 (oder mehr) Wortbeiträge gab, ging es im wesentlichen um die Frage, ob dies ein grundrechtlich vertretbarer Eingriff in die Vertragsfreiheit sei, und ob dies überhaupt für die MieterInnen den erwünschten Effekt hätte. Leider kam es dabei auch zu einem eher unnötigen persönlichen Gezanke zwischen Beppo und Dominik. Der Antrag wurde am Ende mehrheitlich angenommen.

Ein weiterer Antrag (PDF), gestellt von Hubert Marxmüller, forderte die Erstellung eines Netzzustandsbericht ähnlich dem in Berlin (PDF), welcher der Bevölkerung offen zugänglich sein soll. Hier gab es mehrere Rückfragen und Unklarheiten zu den Kosten und den Zuständigkeiten, im Grundsatz wurde der Antrag aber angenommen.

Kontroverser diskutiert wurde der letzte Antrag (PDF) über die Stadtwerke und die MVG. Kritisiert wurden die Bedingungen für das Personal und die fragwürdigen Profitmaximierungsstrategien. Der Antrag war allerdings in den konkreten Forderungen zunächst recht vage gehalten – erst auf konkrete Nachfrage machte der Antragssteller deutlich, dass er in der Konsequenz eine komplette Rückführung der GmbHs hin zur Stadt forderte – und nicht nur eine Stärkung der Aufsichtsmöglichkeiten und -pflichten der Stadträte. Zu dieser Forderung konnte sich die Stadtversammlung dann doch nicht bekennen: auch wenn sich viele ein anderes Konstrukt wünschten und einige sich auch zu Zeiten der Ausgliederung in eine GmbH gegen selbige aussprachen, mochte sich kaum einer ohne längeren Diskussionsprozess festlegen, ob eine komplette Rückabwicklung wünschenswert, geschweige denn juristisch möglich wäre. Der Antrag wurde daher vertagt.

Es folgte der Bericht der Rechnungsprüferin für das Geschäftsjahr 2009. Abgesehen von einigen kleineren Fehlern beim Kassenbuch (einige Mängel kamen mir dabei vom Animexx her durchaus bekannt vor – z.B. das Problem mit der Bestätigkeit von Thermopapier) war wohl alles in Ordnung, die Rechnungsprüferin empfahl die Entlastung des Vorstands.

Abschließend wurden noch die Ersatzdelegierten für die Bundesdelegiertenkonferenz in Freiburg gewählt. Die Versammlung endete schließlich gegen 23 Uhr.

Stadtversammlung am 4. Oktober ’10

Die diesmalige Stadtversammlung der Münchner Grünen war für mich quasi eine Jubiläumsveranstaltung: vor ziemlich genau einem Jahr war ich zum ersten Mal auf einer Stadtversammlung – am selben Ort, und vor allem zum selben Thema: der Olympia-Bewerbung. Immerhin war ich diesmal darauf vorbereitet, dass dies ein recht emotionales Thema werden würde. Im Vorfeld gab es gewissermaßen einen Wahlkampf und man wurde recht ausführlich mit Infomaterial versorgt – im Fall des zentralen, 190seitigen Umweltkonzepts allerdings erst drei Stunden vor Beginn der Versammlung. Mit 142 stimmberechtigten Mitgliedern und einigen Besuchern war es auch die bestbesuchte Stadtversammlung seit langem.

Bevor es ans Eingemachte ging, stand aber noch ein anderes emotionales Thema auf der Tagesordnung: Hanna Sammüllers Verabschiedung. Sie hatte zwei Wochen zuvor ihren Rücktritt von ihrem Posten als Vorsitzende des Kreisverbands München bekannt gegeben, da sie ihn zeitlich nicht parallel zu ihrer Promotion ausfüllen konnte. Dankesreden gab es von Nikolaus Hoenning, Petra Tuttas und Lydia Dietrich. Als dann noch der Song „Geile Zeit“ von Julie eingespielt wurde, wurde es aber fast etwas zu cheesy… der nicht enden wollende „Verabschiedungs-Applaus“ machte aber nochmal deutlich, wie beliebt sie an ihrem Posten war. Eine hohe Messlatte für ihre Nachfolgerin, die demnächst gewählt wird.

Bei der Diskussion um die Olympia-Bewerbung ging es im folgenden um drei Anträge, über die abgestimmt werden sollte:

  • A1, gestellt von im wesentlichen von den Mitgliedern der Grünen Stadtratsfraktion, forderte, die Bewerbung weiter kritisch begleiten, also die Bewerbung grundsätzlich mittragen zu dürfen.
  • A2, gestellt von Dieter Janecek, Katharina Schulze, Ludwig Hartmann und weiteren (man verzeihe mir, dass ich nicht alle Namen aufzähle), fordert eine klare Ablehnung der Olympia-Bewerbung durch die Stadtratsfraktion.
  • A3 von Hermann Brem ist als Kompromissvorschlag gedacht – man solle akzeptieren, dass es in der Partei deutliche Meinungsverschiedenheiten gibt. Die Stadtratsfraktion könnte damit der Bewerbung zustimmen, müsse aber auch akzeptieren, dass Teile der Partei öffentlich dagegen Stellung beziehen.

Die Diskussion und Abstimmung darüber, respektive einer ganzen Reihe an Geschäftsordnungsanträgen, dauerte knapp zwei Stunden. Da es insgesamt 23 Redebeiträge gab, versuche ich, die wesentlichen Argumente für A1 und A2 zusammenzufassen (wohlgemerkt nur diejenigen, die meiner Erinnerung nach auch in der mündlichen Diskussion intensiver behandelt wurden, nicht alle für die eine oder andere Position):

  • Für die Bewerbung:
    • Das Umweltkonzept sei Kernstück der Bewerbung und entgegen der Behauptungen der Gegner sehr wohl seriös – der Öko-Institut e.V., aus dessen Feder das Konzept stammt, habe einen sehr guten Ruf. Auch dass Finanzierungskonzept sei mehrfach geprüft worden.
    • Ein großer Teil der ökologischen Leitprojekte konnten durchgesetzt werden. Es sei zwar tatsächlich bedauerlich, dass zwei Projekte entfallen sind – insbesondere das geplante Biosphärenreservat rund um Garmisch-Partenkirchen. Aber dafür sei zumindest ein teilweiser Ersatz gefunden worden.
    • Die Ausrichtung der Olympiade die ein guter Hebel, um wichtige grüne Projekte zügig voranzutreiben, für welche die Mühlen der Tagespolitik sonst viel zu schwer Mehrheiten zu finden wären – insbesondere das geplante Plusenergiedorf, das ein bundesweites Vorzeigeprojekt werden könnte.
    • Man konnte das Bisherige aber nur durchsetzen und kann es auch in Zukunft nur durchsetzen, wenn man in den zuständigen Gremien vertreten ist und sich aus dem Projekt nicht zurückzieht.
    • Die Ausrichtung der Paralympics, die an die Bewerbung gekoppelt ist, setzt ein positives Zeichen für die Integration behinderter Menschen.
    • Es gehe bei der Abstimmung auch um die Glaubwürdigkeit und Kontinuität grüner Politik: die Basis der Grünen hätten bereits mehrfach die Bewerbung akzeptiert (mit Annahme des Koalitionsvertrags und auf der Stadtversammlung letztes Jahr). Ein Ablehnen der Bewerbung würde nun faktisch einen Vertragsbruch des Koalitionsvertrags darstellen.
    • Dass die Informationspolitik sehr zu wünschen übrig lässt und es sich beim IOC um eine Organisation mit sehr fragwürdigen Methoden und Anforderungen handelt, wurde auch von den Befürwortern der Bewerbung nicht bestritten.
    • Die Winter-Olympiade wird 2018 so oder so irgendwo stattfinden. Da sollte es uns lieber sein, hier die ökologische Ausrichtung beeinflussen zu können, als es Ländern zu überlassen, die sich weniger darum kümmern.
  • Gegen die Bewerbung:
    • Gerade das Finanzierungskonzept der Bewerbung sei hochgradig unseriös. Mehrere hundert Millionen Euro Einnahmen stammen aus dem nicht näher definierten Topf „Sonstiges“, auch andere Annahmen seien viel zu gutgläubig gemacht worden. Die Übernahme eines Teils des Risikos von Garmisch-Partenkirchen durch die Stadt München sei nicht hinnehmbar. Insgesamt sei das finanzielle Risiko viel zu groß.
    • Die Bewerbung sei ohnehin vergebene Liebesmüh, da der Gewinner der Ausschreibung inoffiziell ohnehin bereits fest stehe: es sei die letzten Male immer so gewesen, dass die Bewerberstadt mit dem teuersten Bewerbungskonzept das Rennen machte, und in diesem Aspekt sei Pyeongchang nicht einzuholen.
    • Selbst wenn sich die Bewerbung doch noch über Sponsoring privater Firmen decken sollte, fehlt das Geld (immerhin ein Betrag über 30 Mio. Euro für die Bewerbung alleine) für die Förderung anderer sozialer Projekte.
    • Über das kulturelle Rahmenprogramm, das laut Koalitionsvertrag ebenfalls Bestandteil des Konzepts sein sollte, hat sich anscheinend niemand irgendwelche Gedanken gemacht.
    • Da einige der zentralen Projekte des Umweltkonzepts nicht durchgesetzt werden konnten, verkommt das Umweltkonzept allenfalls zum grünen Mäntelchen. Deswegen seien auch schon ein großer Teil der seriösen Umweltverbände aus dem Projekt ausgestiegen.
    • Durch eine Ablehnung der Bewerbung bestehen bessere Chancen, am fragwürdigen System der IOC etwas zu verändern – gerade weil es früher noch über ein Dutzend Bewerbungen gab, die Zahl aber mit jedem Mal schrumpft – inzwischen sind es für 2018 schon nur noch drei Städte (München eingerechnet).

Bei der ganzen Diskussion gab es vereinzelt recht polemische Aussagen („Weltdopingspiele“), und mindestens genauso viele gegenseitige Anschuldigungen der Polemik, es ging aber nie unter die Gürtellinie und es lief für ein augenscheinlich so emotionales Thema im großen und ganzen doch recht gesittet zu – das war auch letztes Jahr schon mein Eindruck. Am aggressivsten war interessanterweise ein ehemaliger Mitarbeiter des IOCs, der durch einen sprachlich brillanten GO-Antrag („Der IOC-Typ soll schon noch reden dürfen!“) kurzfristig einen eigenen Redebeitrag erhalten hatte – er prangerte das IOC als „Mafia-Organisation“ an, zu dem endlich mal jemand „Nein“ sagen müsse.

Gewisse Probleme bereitete die Frage, wie man über die drei Anträge am besten abstimmen könnte: während A1 und A2 klar konträre Positionen darstellten, war der Kompromissantrag A3 schwerer in eine klare „Entweder-Oder“-Abstimmung einzubinden. Das führte zu dem Kuriosum, dass es mitunter eine Abstimmung über einen Geschäftsordnungsantrag über die Durchführung eines schriftlichen Meinungsbildes zur Bestimmung der eigentlichen Abstimmung gab…

Schon bei diesem Meinungsbild wurde die Tendenz klar: der ablehnende Antrag A2 hatte eine klare Mehrheit, gefolgt vom Kompromissvorschlag A3. Diese beiden Anträge traten in einer Stichwahl gegeneinander an, mit dem Ergebnis, dass sich:

  • 92 Mitglieder für die Ablehnung (A2) und
  • 45 für den Kompromissantrag (A3) entschieden,

die Stadtratsfraktion also aufgefordert wurde, sich gegen die Bewerbung auszusprechen.

Was tatsächlich passieren wird, wird sich am Mittwoch zeigen, wenn die Entscheidung im Stadtrat fällt. Dieter Janecek, Wortführer des ablehnenden Antrags, erwähnte gleich im Anschluss an die Abstimmung, dass er nicht erwarte, dass das Votum 1:1 umgesetzt wird, man in Zukunft aber intensiver darüber kommunizieren müsse, wie man damit umgeht. Sigi Benker griff das als Fraktionsführer gleich auf und kündigte an, dass sich die Fraktion nun intern beraten würde und dann möglicherweise nach „unserem Gewissen“ entscheiden würden.

Wirklich überraschend wäre es zumindest nicht, wenn sich die Stadtratsfraktion anders als vom Votum gefordert trotzdem für die Bewerbung aussprechen würde oder die Entscheidung den einzelnen Mitgliedern freigibt – ähnlich wurde letztens auch bei der Entscheidung zum zweiten S-Bahn-Tunnel verfahren.

Etwas überschattet von Olympia gab es aber auch noch weitere Anträge und Resolutionen, über die auf der Stadtversammlung abgestimmt wurde, auch wenn sie deutlich weniger Zeit in Anspruch nahmen und nach der anstrengenden Diskussion leider vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit bekamen:

  • Hermann Brem stellte eine Resolution vor, in der sich die Grünen München gegen Atomkraft aussprachen. Was manchen etwas befremdlich vorkam – es gibt wohl kaum eine Position, das als noch selbstverständlicher angesehen wird als diese, also warum darüber abstimmen? – hatte den Zweck, durch diese Resolution nocheinmal zur Demonstration kommenden Samstag aufzurufen. Die Resolution wurde angenommen.
  • Gülseren Demirel warb dafür, sich in Form einer Resolution für die Integration, aber gegen den Populismus zu diesem Thema auszusprechen. Die Resolution wurde angenommen.
  • Florian Roth rief in einer Resolution dazu auf, sich mit den Protestierenden gegen Stuttgart 21 zu solidarisieren. Die Resolution wurde angenommen.
  • Dominik Schott hatte ursprünglich vor, seinen Antrag zur Abschaffung der Maklergebühren vorzustellen – den er eigentlich schon auf der vorigen Stadversammlung behandeln wollte. Leider traf ihn diesmal wieder das selbe Schicksal: der Antrag wurde wegen Zeitknappheit auf die nächste Versammlung verschoben.
  • Sebastian Weisenburger stellte einen Antrag, der die Gentrifizierung / Yuppisierung vieler einiger Stadtteile thematisiert – in München ist davon derzeit besonders Giesing und das Westend betroffen. Luxussanierungen und die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen sind für viele Münchner eine sehr große Sorge, da hierdurch häufig alteingesessene Bewohner eines Stadtviertels vertrieben werden. Sowohl die Stadtratsfraktion als auch die Landtagsfraktion wird in dem Antrag dazu aufgefordert, Maßnahmen gegen diesen Prozess zu ergreifen (z.B. in Form einer städtischen Erhaltungssatzung). Der Antrag wurde angenommen. Hermann Brem kündigte außerdem an, dass seitens des Stadtvorstands geplant ist, eine eigene Veranstaltung zu dem Thema zu organisieren, es möglicherweise auch zu einem Schwerpunktthema einer künftigen Stadtversammlung zu machen.

Abschließend gab es noch eine ganze Reihe an Personalwahlen:

  • Zwei RechnungsprüferInnen für das Jahr 2009 wurden gesucht. Da dies wohl nicht gerade der prestigeträchtigste Job ist, musste wohl auch wirklich gesucht werden, bis sich zwei Freiwillige fanden.
  • Es gab Nachwahlen für die zwei verbliebenen Frauenplätze für die Landesdelegiertenkonferenz (LDK) in Würzburg. Da es dafür genau zwei Bewerberinnen gab, fiel die Wahl auch hier nicht sonderlich schwer.
  • Es mussten noch Ersatzdelegierte für die LDK gewählt werden.
  • Etwas mehr Zeit nahm dann noch die Wahl der Delegierten für die Bundesdelegiertenkonferenz in Freiburg in Anspruch. Hier gab es insgesamt 14 Plätze, also 7 Frauen- und 7 offene Plätze. Für die Frauenplätze gab es etwa ein Dutzend, für die offenen Plätze etwa 15 BewerberInnen.

Da zur BDK-Delegierten-Wahl die Zeit schon sehr fortgeschritten war (kurz vor Mitternacht), sich die Reihen entsprechend lichteten und es langsam Zweifel gab, ob die Stadtversammlung überhaupt noch beschlussfähig sei, blieb ich noch um meine Stimme abzugeben, wartete dann aber das Ergebnis nicht mehr ab.

Stadtversammlung der Münchner Grünen (26. Juli ’10)

Die Juli-Stadtversammlung fand am 26. Juli 2010 statt und war wieder außerordentlich gut besucht – ziemlich genau 100 stimmberechtigte Mitglieder und einige Besucher waren anwesend. Geschuldet war das wohl der angekündigten Aussprache zum Hygiene-Skandal, aber auch eine ganze Reihe weiterer Tagesordnungspunkte sorgten dafür, dass die Versammlung bis gut 23:30 Uhr dauerte. Zwei der ursprünglich für diesen Tag vorgesehenen Anträge wurden aus Zeitgründen auf die nächste Stadtversammlung verschoben. Eine besondere Erwähnung verdient wohl die Moderation von Beppo (neben Doris und Jürgen), der mit seiner Akribie für Ordnung und mit pikanten Geschichten aus diversen Hotelzimmern für Unterhaltung sorgte…

Zu den Problemen rund um die Münchner Kliniken gab es drei Stellungnahmen: Hep Monatzeder schilderte die Ereignisse auf und in Folge der Aufsichtsratssitzung am 2. Juli, auf der sie erstmals über die Hygiene-Probleme im Klinikum Bogenhausen erfuhren. Er war demnach um ein sofortiges Aufklärung der Sache bemüht, drei der Geschäftsführer wurden auch innerhalb weniger Tage gekündigt. Den Fehler beim SZ-Interview räumte er ein, rügte aber auch den Umgang einiger Medien mit seiner Person, insbesondere seitens der Abendzeitung. Die Vorwürfe seitens der CSU wären haltlos (in dem Brief, in dem ein CSU-Stadtrat bereits vor Monaten auf das Problem hingewiesen haben wollte, ging es so um einen gänzlich anderen Sachverhalt). Lydia Dietrich bestätigte in ihrem Bericht die Schilderungen Heps. Das Krisenmanagement habe demnach hervorragend funktioniert, auch sie kritisierte die „Schlammschlacht auf fragwürdigem Niveau“. Sie betonte aber auch, dass es natürlich sei, dass man Mitglieder der eigenen Partei fördere – wie auch immer das in Bezug auf den konkreten Streitfall (Fuß) zu verstehen ist. Joachim Lorenz (Gesundheitsreferent) sprach dann noch ausführlich und anschaulich über die Probleme, die Vielzahl an Praxen und Kliniken in München zu kontrollieren, und darüber, dass es in kleineren Kommunen wohl noch schwieriger ist als im vergleichsweise noch gut ausgestatteten München.

Die Diskussion verlief überraschend wenig kontrovers. Dieter Janecek kritisierte die Tendenz bei den Münchner Grünen, von der Presse verwendete negativ besetzte Schlagwörter („Filz“ etc.) vorschnell zu übernehmen. Außerdem sei die aktuelle Diskussion kein passender Anlass für die Frage nach einem Generationswechsel – wohl eine Anspielung auf Hannas und Nikolaus‘ Interview in der SZ. Sigi Benker wurde von einer Rednerin kritisiert, da er wohl als Aufsichtsratsvorsitzender für MünchenStift gehandelt werde. Dieser antwortete, er habe lediglich einmal das Interesse an einer Bewerbung bekundet – das Thema werde aber erst 2013 wirklich aktuell.

Anschließend stellte Florian Vogel seinen Antrag vor, den es auch in der beschlossenen Fassung (es gab mehrere Änderungsanträge auf der Versammlung) online nachzulesen gibt.

Überraschend kurz abgehandelt wurde der Antrag zur Olympa-Bewerbung Münchens. Seit dem knappen Votum für eine Bewerbung im Oktober 2009 ist die Bewerbung ja das große Streitthema innerhalb der Münchner Grünen, wobei die allgemeine Stimmung inzwischen anscheinend recht klar ins Negative gekippt ist. Nach der finanziellen Schieflage der Bewerbungsgesellschaft spricht sich der Antrag gegen eine Finanzierung der Bewerbung über Steuergelder aus, auch gegen eine Querfinanzierung über die städtischen Unternehmen. Auch die Vertreter der Stadtratsfraktion sprachen sich für den Antrag aus, er wurde anschließend mit großer Mehrheit angenommen.

In einem weiteren Antrag ging es um die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko. Der Antrag forderte einerseits, einen Katalog ethischer Kriterien zu entwickeln, anhand derer städtische Betriebe künftig dagegen verstoßende Unternehmen ausschließen könnten. Gefordert wurde andererseits ein übergangsweiser Boykott von BP, bis dieser Katalog ausgearbeitet wäre. In der anschließenden Diskussion wurde vor allem der Boykott kritisiert – dieser suggeriere ja, dass sich andere Öl-Firmen besser verhielten. Durch einen Änderungsantrag wurde dieser Passus gestrichen. Die geänderte Fassung wurde mit klarer Mehrheit beschlossen.

Anschließend stellte Dieter Janecek den Leitantrag für die Landesversammlung („Besser ist mehr“) im Oktober vor – beziehungsweise den Entwurf des Antrags, da dieser noch nicht ganz ausgearbeitet ist. Der Antrag fordert einerseits eine Abkehr vom Leitbild des immer währenden Wirtschaftswachstums, besonders vom Wachstum um seiner selbst willen. Manche müssten in Zukunft auch auf einen Teil ihres Wohlstands verzichten – wobei klar sein müsse, dass nur derjenige verzichten könne, der auch etwas zum verzichten habe. Andererseits fordert der Antrag konkrete Maßnahmen für einen Umbau der Gesellschaft hin zur Klimaneutralität. Dabei müsse auch erneut über ökologische Steuerreformen nachgedacht werden. Neu beschlossene Gesetze sollten einem „Nachhaltigkeits-TÜV“ unterzogen werden. Auch die Bildung müsse weiter gefördert werden. Abschließend rief Dieter dazu auf, sich an der Ausarbeitung des Antrags zu beteiligen.

Die Wahlen der Delegierten für die nächste Landesversammlung (23./24. Oktober in Würzburg) nahmen ebenfalls recht viel Zeit in Anspruch. Auch wenn die etwa 50 BewerberInnen im Durchschnitt nur eine halbe Minute Vorstellungszeit hatten: durch die Wahlphasen und die Auszählung zog sich das ganze recht in die Länge. Unterm Strich wurden bei den Frauenplätzen alle Bewerberinnen gewählt – es gab 16 Bewerberinnen auf 18 Plätze. Bei den verbleibenden 2 Plätzen wird zunächst versucht, sie auf der nächsten Stadtversammlung im August zu besetzen. Falls dies nicht gelingt, werden die Plätze sie üblicherweise für die Männer freigegeben. Bei den 18 offenen Plätzen gab es um die 35 Bewerber. 17 davon wurden auf dieser Stadtversammlung bereits gewählt. Wegen Stimmgleichheit auf Platz 18 muss zwischen den beiden Bewerbern eine Stichwahl erfolgen, was aber auf die nächste Versammlung vertagt wurde.

In einer sehr undenkbaren Situation waren Lydia Dietrich, Katharina Schulze und Gerald Häfner, die während den Auszählphasen über ihre jeweiligen Tätigkeiten berichteten. Die Aufnahmefähigkeit der meisten Anwesenden war zu diesem Zeitpunkt schon völlig erschöpft, der Geräuschpegel war dementsprechend hoch. Nicht wirklich fair gegenüber den ReferentInnen, die einiges zu erzählen hatten:

  • Lydia stellte das am 20. Mai gegründete „Bündnis gegen Homophobie“ und dessen Tätigkeit vor (Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärung, Diskussionen mit Hallenbetreibern).
  • Gerald berichtete von der Einführung der Europäischen Bürgerinitiative . Er hat es nach vielen Mühen geschafft, Berichterstatter für die weitere Ausgestaltung zu werden. Viele Details der Ausgestaltung sind noch strittig: welche Quoren zu erreichen sind (die Mindestzahl von 1 Mio. BürgerInnen ist zwar fest, strittig ist aber beispielsweise, aus wie vielen verschiedenen Ländern die Stimmen kommen müssen), ob zur Teilnahme an den Petitionen ein Personalausweis erforderlich sein soll, wie die EU-Kommission mit den Initiativen zu verfahren hat, und auf welche Themenbereiche sich die Initiativen beziehen können.
  • Katharina stellte sowohl die Mitarbeiter sowie die Arbeit des bayerischen Parteirats vor.

Stadtversammlung der Münchner Grünen (21. Juni ‘10)

Die Münchner Grünen-Stadtversammlung am 21. Juni hatte ein dicht gedrängtes Programm. Etwa 60-70 Personen, von denen aber nur knapp die Hälfte bis zum bitteren Ende durchhielten, hatten sich im Hofbräuhaus versammelt, um sich einerseits von Glenn Schmidt von BMW über den aktuellen Feldversuch mit dem MINI-E informieren zu lassen, und um andererseits über eine ganze Reihe von Anträgen abzustimmen.

Zu Beginn wies Nikolaus Hoenning auf die Aktionen der Münchner Grünen zur Unterstützung der Präsidentschaftsbewerbung von Joachim Gauck hin, gefolgt vom Aufruf nach Helfern zum Grünen-Stand am Christopher Street Day.

Dieter Janecek leitete auf das Thema Elektromobilität hin, indem er das folgende Gespäch mit Schmidt in den größeren Kontext des Mein-Bayern-Prozesses setzte und darauf hinwies, dass für uns Grüne bei allem Interesse für die Elektromobilität das Ziel eher in der Vermeidung von motorisierten Individualverkehr liegt und es gerade in Großstädten auch bereits Trends dahingehend gibt.
Glenn Schmidt stellte nun ausführlicher den Feldversuch mit dem MINI-E vor. Weltweit sind demnach derzeit etwa 600 Fahrzeuge unterwegs, davon um die 15 in München. Getestet werden sie von Interessierten Bewerbern, vorrangig Männern über 40. Ziel des Tests ist dabei, die Praxistauglichkeit der Elektro-Wägen zu untersuchen, gerade hinsichtlich der verhältnismäßig geringen Reichweite (die durchschnittliche Reichweite bei einer vollen Ladung beträgt etwa 150km) und des Wiederaufladens (bei einer Schnellaufladung an speziellen Säulen dauert eine Vollaufladung etwa 3,8h). Eine lustige Anekdote ist, dass sie bei der Durchführung wohl mehrfach gefragt wurden, ob man mit den Autos schon Waschanlagen nutzen könne, wegen Elektronik und Wasser und so…
Gerade für die Verwendung innerhalb der Stadt scheinen die Autos wohl in den oben genannten Aspekten tatsächlich kaum Nachteile gegenüber Verbrennungsmotoren zu haben – das Problem der geringen Kofferraumfläche bleibt aber.
Die wirklich kritische Frage bei Elektro-Autos ist, und ein Großteil der Nachfragen gingen in diese Richtung, die Zusammensetzung des Strommixes. Einen wirklichen ökologischen Vorteil gegenüber Verbrennungsmotoren haben Elektro-Autos erst dann, wenn der Strom auch aus regenerativen Quellen stammt, nicht wiederum aus Verbrennung oder Atomkraftwerken. Das ist beim derzeitigen Strommix noch nicht gegeben. Schmidt verwies dabei einerseits darauf, dass dies nicht ihre Aufgabe sondern die der Stromwirtschaft sei, andererseits darauf, dass über intelligente, automatische Lademethoden über Nacht die Stromaufnahme so reguliert werden könne, dass sie sich an die recht wechselhaft auftretenden Überkapazitäten der Windenergie anpasse.
In der Diskussion wurden noch verschiedene Aspekte rund um die Lebensdauer der Batterien (~10 Jahre) diskutiert, zukünftige Modelle, „Vehicle 2 Grid“ und die Möglichkeit eines „Batterie-Wechselservices an Tankstellen“ (wurde von Schmidt wegen der aufwändigen dahinter stehenden Logistik eher kritisch beurteilt).
Leider ließ sich Schmidt dann mitunter doch zu einer „Autos machen tragen doch gerade mal x% zum CO2-Ausstoß bei, problematisch sind doch viel mehr …“-Argumentation hinreißen – andererseits kann man natürlich fast nicht erwarten, dass ein Vertreter von BMW in die immer wieder formulierte Forderung, wir müssten uns weg vom Auto hin zur Schiene entwickeln, unisono einstimmt.

Nach der Diskussion über E-Mobilität ging es an die Anträge. Zuerst wurde in einem Antrag die Einrichtung eines „Cluster Bildung“ vorgeschlagen. Dieser soll über den Zeitraum von etwas über einem Jahr längerfristige Visionen zum Bildungssystem entwickeln, im Rahmen der Münchner Grünen (wozu ja auch Landtagsabgeordnete zählen). Der Antrag hatte insgesamt eher den Charakter einer in einen Antrag verpackten Bekanntmachung und wurde auch mit breiter Mehrheit angenommen.

Umstritten war der Antrag von Hanna Sammüller, unseren Stadträten bei dienstlichen Reisen die Verwendung des Flugzeugs grundsätzlich (mit einigen eher seltenen Ausnahmen) zu untersagen, wenn die Zugfahrt weniger als sechs Stunden dauert. Hintergrund des Antrags war der Vorschlag der Fraktion, getätigte Flüge vielmehr über Atmosfair auszugleichen – was ihr und vielen anderen nicht weit genug ging. Gestritten wurde im folgenden vor allem um die Praktikabilität des Vorschlags. Stadträte müssen wohl häufiger für Termine zum Beispiel nach Berlin, die nur wenige Stunden dauern, müssten dann aber bei einer Reise per Bahn meistens über Nacht bleiben – worauf gerade diejenigen mit Familie nicht gerade erpicht waren. Dieter Janecek stellte den Änderungsantrag, die Stundenzahl auf fünf zu reduzieren, womit wohl der größere Teil der Berlin-Fahrten aus der Schusslinie gerieten. In dieser geänderten Fassung wurde der Antrag schlussendlich beschlossen.

Es folgte der Antrag von Michael Schneider zur Informationsfreiheitssatzung. Diese wird voraussichtlich gegen Ende Juli wieder im Stadtrat diskutiert werden und stellt eine große Chance dar, für mehr Transparenz in der Stadtverwaltung zu sorgen – ein grundsätzlich anzunehmendes Akteneinsichtsrecht für alle Bürger mache deutlich, dass die Verwaltung im Dienste der Bürger stehe. Etwas diskutiert wurde der Teil des Antrags, der auch eine möglichst weit gehende Transparenz für die städtischen Betriebe (also insbesondere die MVG) fordert – kritisiert wurde, dass eine Offenlegung auch der konkreten Kostenkalkulationen einen zu großen Wettbewerbsnachteil der Betriebe bedeutete. Da dies aber so auch gar nicht gefordert wurde (und wohl auch gar nicht durchzusetzen wäre) und sich nicht zuletzt auch Florian Roth, der sich in der Stadtratsfaktion mit dem Thema beschäftigt, für den Antrag in der bestehenden Form aussprach, wurde er so belassen – und schließlich mit großer Mehrheit angenommen.

Als nächstes kam ein insgesamt eher chaotisch wirkender Tross an Anträgen und Änderungsanträgen rund um das Thema Staaten-Insolvenz, europäische Rettungsfonds und Griechenland-Hilfe. Hier hatten unterschiedliche Instanzen und Personen unabhängig voneinander Anträge vorbereitet, die sich mal mehr, mal weniger voneinander unterschieden. Die Anträge waren sich darin einig, dass für die Zukunft ein geordnetes Insolvenzverfahren für Staaten im Euro-Raum geschaffen werden müsse. Unterschiede gab es bei der Bewertung des Grichenland-Rettungsfonds und den konkreten Forderungen für die Zukunft. Es lag natürlich etwas die Frage in der Luft, inwieweit der Kreisverband München hier überhaupt die richtige Plattform für eine derartige Diskussion sei. Tatsächlich ging es aber wohl auch gar nicht darum, mit einer Entscheidung größer etwas zu beinflussen, sondern viel mehr um den Akt der Meinungsbildung an der Parteibasis. Bei dieser Diskussion machte sich auch wegen der fortgeschrittenen Zeit eine gewisse Fluchttendenz bei den Besuchern breit; ein Antrag zur Vertagung wurde aber sehr knapp abgelehnt. Eher knapp wurde schlussendlich der Antrag von Jerzy Montag angenommen.

Als letztes Thema des Tages kam noch durch Florian Roth die Haushaltsplanung Münchens für die kommenden Jahre zur Sprache – im besonderen das beschlossene Sparpaket. Nötig sei dies, da die Einnahmen der Stadt zurückgingen, besonders in den Bereichen, auf welche die Stadt selbst keinen Einfluss habe. Insgesamt stellte er das Paket als sozial ausgewogen dar, insbesondere betonte er, dass bei der Bildung, Erziehung und vergleichbaren sozialen Einrichtungen nicht gespart werde – und durch zusätzliche Investitionen in ein Klimaschutzprogramm gezeigt werden solle, dass eine Stadt auch in einer finanziell schwierigen Zeit noch Gestaltungsspielraum hat.

Stadtversammlung der Münchner Grünen (19. April ’10)

Am Montag, den 19. April fand wieder einmal die monatliche Stadtversammlung des Münchner Kreisverbandes der Grünen statt, nach zwei Abstechern in den Münchner Westen diesen Monat wieder im zentralen Sendling. Angekündigt um 19:00 Uhr, begann sie dann nach etwas mehr als 20 Minuten später dann auch wirklich – für Grünen-Verhältnisse also noch relativ pünktlich. Anwesend waren geschätzt 50 Mitglieder und etwa ein dutzend „externe“ Besucher (dazu weiter unten mehr), also insgesamt etwas weniger als sonst.

Als glückliche Fügung stellte es sich heraus, dass ich beim Losgehen zuhause vergessen hatte, den Laptop auszupacken – der Präsentation-Laptop vor Ort funktionierte wohl nicht richtig, womit ich unserem Gast-Redner Herrn Idriz wohl die Präsentation gerettet habe. 🙂

Nikolaus‘ Eröffnungsrede hatte ich wegen diesem kurzfristigen Umorganisieren nur am Rande mitbekommen. Aufgeschnappt habe ich, dass es einen „Datenschutz-Spaziergang“ durch München geben soll, was schon mal recht interessant klingt. Außerdem wurde das 900. Mitglied des Stadtverbandes München geehrt, der vor vor wenigen Tagen Mitglied wurde.

ZIE-M – Zentrum für Islam in Europa / München

Anmoderieren sollte diesen Tagesordnungspunkt, hauptsächlich eine Informationsveranstaltung über ein geplantes islamisches Zentrum in München, wohl ursprünglich Hep Monatzeder. Da er aber wegen des erlahmten Flugverkehrs zurzeit unfreiwillig nicht anwesend war, vertrat ihn Gülseren Demirel von der grünen Stadtratsfraktion. Sie stellte recht allgemein die Gründe vor, aus denen die Stadtratsfraktion das Projekt für unterstützenswert hält: bei geschätzt über hunderttausend Muslimen in München sollen diese ihre Religion offen leben können und heraus aus den Hinterhofmoscheen kommen können; es wäre begrüßenswert, dass Imame auch in Deutschland ausgebildet werden; und dieses konkrete Projekt traue man zu, diese Ziele zu erreichen, da es breite Unterstützung erfährt (Muslime verschiedener Länder initiierten das Projekt, Zustimmung aller wichtiger Stadtratsfraktionen respektive der CSU) und die Initiatoren mit dem Islamischen Forum Penzberg bereits ein gelungenes Projekt vorzuweisen haben.

Ein bisschen genauer stellte das Projekt dann Benjamin Idriz vor, der Imam der Islamischen Gemeinde Penzberg – aber auch nur ein bisschen: das ganze Projekt ist wohl noch in einem recht frühen Planungsstadium. Das Zentrum soll fünf Bereiche umfassen: eine Akademie, eine Moschee, ein Gemeindezentrum, ein Museum und eine Bibliothek. Es soll unabhängig von den Herkunftsländern der Organisatoren und eventueller Geldgeber sein, und gerade durch die Betonung der Kombination aus Islam, Deutschland und der deutschen Sprache identitätsstifend sein. Idriz wurde auch nicht müde, sich immer wieder zum Grundgesetz zu bekennen (er hatte auch letzten November eine Rede zum 60jährigen Jubiläum gehalten) und auch klassische grüne Themen anzuschneiden (Umwelt, Frauenrechte) – manchen im Publikum ging dieser „Patriotismus“ wohl schon wieder zu weit.

Soweit war alles wie gewohnt angenehm harmonisch. In der anschließenden Diskussion wurden zum einen wieder einige gute Fragen gestellt (Finanzierung, geschlechterspezifische Fragen des Zugangs und der Ausrichtung des geplanten Zentrums, …), zum anderen kamen aber auch eine ganze Reihe an Fragen bzw. in Fragen verpackte Vorwürfe, die recht aktiv den Islam an sich in Frage stellten. Idriz konnte hier auf einige Punkte recht gut antworten, z.B. mit Verweis auf alternative Koran-Übersetzungen (insb. verwies er auf die Übersetzung von Muhammad Asad) und vertrat überzeugend die Position eines aufgeklärten Islams, war aber auch nicht perfekt schlagfertig und ritt ein bisschen zu häufig auf der Sache mit dem bayerischen Verfassungsschutz herum (die aber natürlich nichtsdestoweniger skandalös ist).

Die Diskussion würde dann irgendwann recht wenig elegant abgebrochen – durch einen GO-Antrag von Gülseren auf Beendigung derselbigen. Das löste nicht wenig Befremdung aus, auch wenn der Antrag eine knappe Mehrheit fand: dass Diskussionen nicht bis zum bitteren Ende geführt werden und Diskussionsteilnehmerinnen aktiv ignoriert werden, ist alles andere als Grünen-typisch. Den Hintergrund dafür erfuhr ich dann auch erst nach der Stadtversammlung: unter den Diskutanten befanden sich wohl als Partei-externe Besucher der Stadtversammlung auch einige Vertreter einschlägig bekannter islamophoben Gruppierungen, die auch schon in ähnlichen Veranstaltungen häufiger auffielen. Für die Diskussionsleiter sicher auch keine einfache Situation.

Versöhnlich war dann der Ausgang der zweiten Abstimmung: Der Antrag, das Projekt als Partei zu unterstützen, fand eine große Mehrheit, ohne Gegenstimmen und mit nur drei Enthaltungen.

Google Street View

Nikolaus stellte im Folgenden kurz den von ihm, Hanna und Beppo unterzeichneten Antrag „Google Street View – München widerspricht den Nutzungsmöglichkeiten der Daten seiner Immobilien“ vor. Demnach soll die grüne Stadtratsfraktion beantragen, dass einerseits bei allen Gebäuden der städtischen Beteiligungsgesellschaften der Nutzung der StreetView-Aufnahmen widersprochen werden soll, und dass andererseits die Bürger Münchens seitens der Stadt über ihr Widerspruchsrecht hinsichtlich Google Street View informiert werden sollen.

Auf Wunsch eines Diskussionsteilnehmers im Publikum wurde der Antrag noch um einen Passus ergänzt, die Stadtratsfraktion solle prüfen, inwieweit ein stadtweites Verbot durchsetzbar wäre.

Mich persönlich irritierte bei der gesamten Diskussion etwas, dass zwar in der vorab zugegangenen Begründung des Antrags die Problematik rund um Google Street View korrekt zusammengefasst wurde, es in der Diskussion vor Ort dann aber eher so rüber kam, als ob es ausschließlich darum ginge, Google einfach mal eines auszuwischen.

Der Antrag wurde aber letztlich mit großer Mehrheit angenommen.

Essen an städtischen Kantinen

Den letzten Antrag der Versammlung stellte Hanna vor. An städtischen Kantinen solle demnach zu einem geringerem Fleischkonsum angeregt werden, besonders durch eine jährliche „Veggie-Woche“ und Werbemitteln zu diesem Thema. Als Grund dafür wurde vor allem die Umweltbelastung (insb. CO2-Ausstoß) durch den hohen Fleischkonsum in unserer Gesellschaft vorgebracht, wobei in der anschließenden Diskussion seitens des Publikums darauf hingewiesen wurde, dass es noch viele andere Gründe gibt, den Fleischkonsum einzuschränken.

Eines der „Highlights“ des Abends war der Beitrag eines Partei-externen Besuchers an dieser Stelle, dass doch die ganze CO2-Debatte verfehlt sei, weil es doch eh noch keine Belege für einen Klimawandel gebe, die Studien doch alle gefälscht seien, und so weiter. Schön, dass es Trolle auch außerhalb des Internets gibt. 🙂

Nach ein paar Änderungsvorschlägen an der Antragsformulierung, die auch aufgenommen wurden, wurde der Antrag mit großer Mehrheit verabschiedet.

Schluss

Vor dem Ende der Stadtversammlung wurde noch kurz das gescheiterte Biosphärenreservat im Umland von Garmisch-Partenkirchen thematisiert und damit auch einmal mehr die Entscheidung der Münchner Grünen über die Olympischen Winterspiele 2018 letzten September. Bei der damaligen Entscheidung für Unterstützung der Münchner Bewerbung spielten das zugesagte Biosphärenreservat eine nicht unbedeutende Rolle, weswegen sich wohl gerade die damaligen Kritiker der Bewerbung nun bestätigt sehen. Da Boris Schwartz, der dazu wohl am meisten sagen hätte können, wohl vulkanaschenbedingt ebenfalls nicht anwesend war, wurde das Thema dann aber (auf Antrag auch „definitiv“) auf die nächste Stadtversammlung verschoben.