Stadtversammlung am 4. Oktober ’10

Die diesmalige Stadtversammlung der Münchner Grünen war für mich quasi eine Jubiläumsveranstaltung: vor ziemlich genau einem Jahr war ich zum ersten Mal auf einer Stadtversammlung – am selben Ort, und vor allem zum selben Thema: der Olympia-Bewerbung. Immerhin war ich diesmal darauf vorbereitet, dass dies ein recht emotionales Thema werden würde. Im Vorfeld gab es gewissermaßen einen Wahlkampf und man wurde recht ausführlich mit Infomaterial versorgt – im Fall des zentralen, 190seitigen Umweltkonzepts allerdings erst drei Stunden vor Beginn der Versammlung. Mit 142 stimmberechtigten Mitgliedern und einigen Besuchern war es auch die bestbesuchte Stadtversammlung seit langem.

Bevor es ans Eingemachte ging, stand aber noch ein anderes emotionales Thema auf der Tagesordnung: Hanna Sammüllers Verabschiedung. Sie hatte zwei Wochen zuvor ihren Rücktritt von ihrem Posten als Vorsitzende des Kreisverbands München bekannt gegeben, da sie ihn zeitlich nicht parallel zu ihrer Promotion ausfüllen konnte. Dankesreden gab es von Nikolaus Hoenning, Petra Tuttas und Lydia Dietrich. Als dann noch der Song „Geile Zeit“ von Julie eingespielt wurde, wurde es aber fast etwas zu cheesy… der nicht enden wollende „Verabschiedungs-Applaus“ machte aber nochmal deutlich, wie beliebt sie an ihrem Posten war. Eine hohe Messlatte für ihre Nachfolgerin, die demnächst gewählt wird.

Bei der Diskussion um die Olympia-Bewerbung ging es im folgenden um drei Anträge, über die abgestimmt werden sollte:

  • A1, gestellt von im wesentlichen von den Mitgliedern der Grünen Stadtratsfraktion, forderte, die Bewerbung weiter kritisch begleiten, also die Bewerbung grundsätzlich mittragen zu dürfen.
  • A2, gestellt von Dieter Janecek, Katharina Schulze, Ludwig Hartmann und weiteren (man verzeihe mir, dass ich nicht alle Namen aufzähle), fordert eine klare Ablehnung der Olympia-Bewerbung durch die Stadtratsfraktion.
  • A3 von Hermann Brem ist als Kompromissvorschlag gedacht – man solle akzeptieren, dass es in der Partei deutliche Meinungsverschiedenheiten gibt. Die Stadtratsfraktion könnte damit der Bewerbung zustimmen, müsse aber auch akzeptieren, dass Teile der Partei öffentlich dagegen Stellung beziehen.

Die Diskussion und Abstimmung darüber, respektive einer ganzen Reihe an Geschäftsordnungsanträgen, dauerte knapp zwei Stunden. Da es insgesamt 23 Redebeiträge gab, versuche ich, die wesentlichen Argumente für A1 und A2 zusammenzufassen (wohlgemerkt nur diejenigen, die meiner Erinnerung nach auch in der mündlichen Diskussion intensiver behandelt wurden, nicht alle für die eine oder andere Position):

  • Für die Bewerbung:
    • Das Umweltkonzept sei Kernstück der Bewerbung und entgegen der Behauptungen der Gegner sehr wohl seriös – der Öko-Institut e.V., aus dessen Feder das Konzept stammt, habe einen sehr guten Ruf. Auch dass Finanzierungskonzept sei mehrfach geprüft worden.
    • Ein großer Teil der ökologischen Leitprojekte konnten durchgesetzt werden. Es sei zwar tatsächlich bedauerlich, dass zwei Projekte entfallen sind – insbesondere das geplante Biosphärenreservat rund um Garmisch-Partenkirchen. Aber dafür sei zumindest ein teilweiser Ersatz gefunden worden.
    • Die Ausrichtung der Olympiade die ein guter Hebel, um wichtige grüne Projekte zügig voranzutreiben, für welche die Mühlen der Tagespolitik sonst viel zu schwer Mehrheiten zu finden wären – insbesondere das geplante Plusenergiedorf, das ein bundesweites Vorzeigeprojekt werden könnte.
    • Man konnte das Bisherige aber nur durchsetzen und kann es auch in Zukunft nur durchsetzen, wenn man in den zuständigen Gremien vertreten ist und sich aus dem Projekt nicht zurückzieht.
    • Die Ausrichtung der Paralympics, die an die Bewerbung gekoppelt ist, setzt ein positives Zeichen für die Integration behinderter Menschen.
    • Es gehe bei der Abstimmung auch um die Glaubwürdigkeit und Kontinuität grüner Politik: die Basis der Grünen hätten bereits mehrfach die Bewerbung akzeptiert (mit Annahme des Koalitionsvertrags und auf der Stadtversammlung letztes Jahr). Ein Ablehnen der Bewerbung würde nun faktisch einen Vertragsbruch des Koalitionsvertrags darstellen.
    • Dass die Informationspolitik sehr zu wünschen übrig lässt und es sich beim IOC um eine Organisation mit sehr fragwürdigen Methoden und Anforderungen handelt, wurde auch von den Befürwortern der Bewerbung nicht bestritten.
    • Die Winter-Olympiade wird 2018 so oder so irgendwo stattfinden. Da sollte es uns lieber sein, hier die ökologische Ausrichtung beeinflussen zu können, als es Ländern zu überlassen, die sich weniger darum kümmern.
  • Gegen die Bewerbung:
    • Gerade das Finanzierungskonzept der Bewerbung sei hochgradig unseriös. Mehrere hundert Millionen Euro Einnahmen stammen aus dem nicht näher definierten Topf „Sonstiges“, auch andere Annahmen seien viel zu gutgläubig gemacht worden. Die Übernahme eines Teils des Risikos von Garmisch-Partenkirchen durch die Stadt München sei nicht hinnehmbar. Insgesamt sei das finanzielle Risiko viel zu groß.
    • Die Bewerbung sei ohnehin vergebene Liebesmüh, da der Gewinner der Ausschreibung inoffiziell ohnehin bereits fest stehe: es sei die letzten Male immer so gewesen, dass die Bewerberstadt mit dem teuersten Bewerbungskonzept das Rennen machte, und in diesem Aspekt sei Pyeongchang nicht einzuholen.
    • Selbst wenn sich die Bewerbung doch noch über Sponsoring privater Firmen decken sollte, fehlt das Geld (immerhin ein Betrag über 30 Mio. Euro für die Bewerbung alleine) für die Förderung anderer sozialer Projekte.
    • Über das kulturelle Rahmenprogramm, das laut Koalitionsvertrag ebenfalls Bestandteil des Konzepts sein sollte, hat sich anscheinend niemand irgendwelche Gedanken gemacht.
    • Da einige der zentralen Projekte des Umweltkonzepts nicht durchgesetzt werden konnten, verkommt das Umweltkonzept allenfalls zum grünen Mäntelchen. Deswegen seien auch schon ein großer Teil der seriösen Umweltverbände aus dem Projekt ausgestiegen.
    • Durch eine Ablehnung der Bewerbung bestehen bessere Chancen, am fragwürdigen System der IOC etwas zu verändern – gerade weil es früher noch über ein Dutzend Bewerbungen gab, die Zahl aber mit jedem Mal schrumpft – inzwischen sind es für 2018 schon nur noch drei Städte (München eingerechnet).

Bei der ganzen Diskussion gab es vereinzelt recht polemische Aussagen („Weltdopingspiele“), und mindestens genauso viele gegenseitige Anschuldigungen der Polemik, es ging aber nie unter die Gürtellinie und es lief für ein augenscheinlich so emotionales Thema im großen und ganzen doch recht gesittet zu – das war auch letztes Jahr schon mein Eindruck. Am aggressivsten war interessanterweise ein ehemaliger Mitarbeiter des IOCs, der durch einen sprachlich brillanten GO-Antrag („Der IOC-Typ soll schon noch reden dürfen!“) kurzfristig einen eigenen Redebeitrag erhalten hatte – er prangerte das IOC als „Mafia-Organisation“ an, zu dem endlich mal jemand „Nein“ sagen müsse.

Gewisse Probleme bereitete die Frage, wie man über die drei Anträge am besten abstimmen könnte: während A1 und A2 klar konträre Positionen darstellten, war der Kompromissantrag A3 schwerer in eine klare „Entweder-Oder“-Abstimmung einzubinden. Das führte zu dem Kuriosum, dass es mitunter eine Abstimmung über einen Geschäftsordnungsantrag über die Durchführung eines schriftlichen Meinungsbildes zur Bestimmung der eigentlichen Abstimmung gab…

Schon bei diesem Meinungsbild wurde die Tendenz klar: der ablehnende Antrag A2 hatte eine klare Mehrheit, gefolgt vom Kompromissvorschlag A3. Diese beiden Anträge traten in einer Stichwahl gegeneinander an, mit dem Ergebnis, dass sich:

  • 92 Mitglieder für die Ablehnung (A2) und
  • 45 für den Kompromissantrag (A3) entschieden,

die Stadtratsfraktion also aufgefordert wurde, sich gegen die Bewerbung auszusprechen.

Was tatsächlich passieren wird, wird sich am Mittwoch zeigen, wenn die Entscheidung im Stadtrat fällt. Dieter Janecek, Wortführer des ablehnenden Antrags, erwähnte gleich im Anschluss an die Abstimmung, dass er nicht erwarte, dass das Votum 1:1 umgesetzt wird, man in Zukunft aber intensiver darüber kommunizieren müsse, wie man damit umgeht. Sigi Benker griff das als Fraktionsführer gleich auf und kündigte an, dass sich die Fraktion nun intern beraten würde und dann möglicherweise nach „unserem Gewissen“ entscheiden würden.

Wirklich überraschend wäre es zumindest nicht, wenn sich die Stadtratsfraktion anders als vom Votum gefordert trotzdem für die Bewerbung aussprechen würde oder die Entscheidung den einzelnen Mitgliedern freigibt – ähnlich wurde letztens auch bei der Entscheidung zum zweiten S-Bahn-Tunnel verfahren.

Etwas überschattet von Olympia gab es aber auch noch weitere Anträge und Resolutionen, über die auf der Stadtversammlung abgestimmt wurde, auch wenn sie deutlich weniger Zeit in Anspruch nahmen und nach der anstrengenden Diskussion leider vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit bekamen:

  • Hermann Brem stellte eine Resolution vor, in der sich die Grünen München gegen Atomkraft aussprachen. Was manchen etwas befremdlich vorkam – es gibt wohl kaum eine Position, das als noch selbstverständlicher angesehen wird als diese, also warum darüber abstimmen? – hatte den Zweck, durch diese Resolution nocheinmal zur Demonstration kommenden Samstag aufzurufen. Die Resolution wurde angenommen.
  • Gülseren Demirel warb dafür, sich in Form einer Resolution für die Integration, aber gegen den Populismus zu diesem Thema auszusprechen. Die Resolution wurde angenommen.
  • Florian Roth rief in einer Resolution dazu auf, sich mit den Protestierenden gegen Stuttgart 21 zu solidarisieren. Die Resolution wurde angenommen.
  • Dominik Schott hatte ursprünglich vor, seinen Antrag zur Abschaffung der Maklergebühren vorzustellen – den er eigentlich schon auf der vorigen Stadversammlung behandeln wollte. Leider traf ihn diesmal wieder das selbe Schicksal: der Antrag wurde wegen Zeitknappheit auf die nächste Versammlung verschoben.
  • Sebastian Weisenburger stellte einen Antrag, der die Gentrifizierung / Yuppisierung vieler einiger Stadtteile thematisiert – in München ist davon derzeit besonders Giesing und das Westend betroffen. Luxussanierungen und die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen sind für viele Münchner eine sehr große Sorge, da hierdurch häufig alteingesessene Bewohner eines Stadtviertels vertrieben werden. Sowohl die Stadtratsfraktion als auch die Landtagsfraktion wird in dem Antrag dazu aufgefordert, Maßnahmen gegen diesen Prozess zu ergreifen (z.B. in Form einer städtischen Erhaltungssatzung). Der Antrag wurde angenommen. Hermann Brem kündigte außerdem an, dass seitens des Stadtvorstands geplant ist, eine eigene Veranstaltung zu dem Thema zu organisieren, es möglicherweise auch zu einem Schwerpunktthema einer künftigen Stadtversammlung zu machen.

Abschließend gab es noch eine ganze Reihe an Personalwahlen:

  • Zwei RechnungsprüferInnen für das Jahr 2009 wurden gesucht. Da dies wohl nicht gerade der prestigeträchtigste Job ist, musste wohl auch wirklich gesucht werden, bis sich zwei Freiwillige fanden.
  • Es gab Nachwahlen für die zwei verbliebenen Frauenplätze für die Landesdelegiertenkonferenz (LDK) in Würzburg. Da es dafür genau zwei Bewerberinnen gab, fiel die Wahl auch hier nicht sonderlich schwer.
  • Es mussten noch Ersatzdelegierte für die LDK gewählt werden.
  • Etwas mehr Zeit nahm dann noch die Wahl der Delegierten für die Bundesdelegiertenkonferenz in Freiburg in Anspruch. Hier gab es insgesamt 14 Plätze, also 7 Frauen- und 7 offene Plätze. Für die Frauenplätze gab es etwa ein Dutzend, für die offenen Plätze etwa 15 BewerberInnen.

Da zur BDK-Delegierten-Wahl die Zeit schon sehr fortgeschritten war (kurz vor Mitternacht), sich die Reihen entsprechend lichteten und es langsam Zweifel gab, ob die Stadtversammlung überhaupt noch beschlussfähig sei, blieb ich noch um meine Stimme abzugeben, wartete dann aber das Ergebnis nicht mehr ab.

Als der Bürger König wurde

Am 1. Oktober 1995 stimmte das bayerische Volk dem Volksentscheid zu, nun auch kommunale Bürgerbegehren bzw. -entscheide einzuführen. Anlässlich des 15jährigen Jubiläums veranstaltete die grüne Landtagsfraktion am 2. Oktober 2010 im Landtag einen Festakt, den gut 300 BesucherInnen besuchten.

Nach einer musikalischen Einstimmung durch den Saxophonisten Klaus Kreuzeder hielt Margarete Bause (Fraktionsvorsitzende) die Eröffnungsrede, in der sie nach der Begrüßung die Erkenntnisse nach 15 Jahren Bürgerentscheid benannte: die Befürchtungen der Gegner hätten sich nicht erfüllt, er wirke der politischen Gleichgültigkeit entgegen und wirke aber durch seine Fakten schaffende Natur deeskalierend. Ein wichtiger Aspekt sei aber, dass das Recht auf Bürgerentscheide in Zukunft noch durch ein möglichst weit reichendes Recht auf Informationszugang (Informationsfreiheitsgesetz) flankiert wird.

Susanna Tausendfreund (innenpolitische Sprecherin) erzählte von den Anfangszeiten des Bürgerentscheids. Gerade in den ersten Monaten gab es besonders viele Begehren und Entscheide, da wohl einiges an Nachholbedarf bestand. Gleichzeitig gab es zu Beginn noch eine Reihe von Unklarheiten rund um die Zulassung von Bürgerbegehren. Mehrere Beispiele belegten, dass die BürgerInnen weise und differenziert mit dem Mittel umgehen. Sie erzählte aber auch von den Rangeleien gerade mit der CSU um die konkrete Ausgestaltung des Bürgerentscheids. Besonders kritisch sei das aktuelle Quorum von mindestens 20% bei Gemeinden von weniger als 50.000 Einwohnern. Zum Schluss las sie noch mit einer gewissen Genugtuung den Brief eines CSU-Bürgermeisters vor, in dem sich dieser zwar von der Teilnahme an dieser Veranstaltung entschuldigt, sich ob seiner damaligen Skepsis aber geläutert zeigte und große Sympathien zum Bürgerentscheid und auch Grüner Politik allgemein zum Ausdruck brachte.

Susanne Socher berichtete anschließend von der täglichen Arbeit des Vereins „Mehr Demokratie e.V.“, der einer der treibenden Kräfte hinter der Einführung des Bürgerentscheids war, gewissermaßen eine Service-Stelle für Bürgerbegehren aller Art ist und sich generell für mehr direkte Demokratie in Deutschland einsetzt. Von den etwa 903 Bürgerentscheiden, die es bayernweit bisher gab (es gibt wohl keine offizielle Statistik über Bürgerbegehren, weswegen „Mehr Demokratie“ diese Zahlen selbst erfasst), wurden ungefähr die Hälfte vom Volk angenommen, die Hälfte abgelehnt. Das wichtigste Thema sind dabei Verkehrsprojekte. Auch sie bekräftigte die Forderung nach geringeren Quoren, gerade in kleineren Gemeinden, und einem Informationsfreiheitsgesetz. Außerdem beklagte sie, dass es gelegentlich zu Entgleisungen bei der Diskussion über den Gegenstand der Bürgerbegehren käme – diese könnten aber ihren Zweck nur dann ganz entfalten, wenn sie sachlich und ohne Anfeindungen stattfänden.

Den Hauptteil der Veranstaltung stellte die Podiumsdiskussion dar, deren Teilnehmer aus unterschiedlichen politischen Richtungen stammten und die auf unterschiedliche Weise mit dem Bürgerentscheid in Berührung kamen:

  • Josef Daimer (CSU), früherer Bürgermeister von Landshut, sollte vor allem zu seiner damaligen stark ablehnenden Haltung dem Bürgerentscheid gegenüber Stellung nehmen. Er gab durchaus bereitwillig zu, dass der von ihm damals befürchtete „organisierten Egoismus“ nicht überhand nahm, relativierte aber auch die Vorteile – der Politikverdrossenheit wirkten sie zumindest nicht entgegen, wie die weiterhin sinkenden Wahlbeteiligungen zeigten. Man müsse auch die damalige „Furcht“ verstehen – er war wohl zu der Zeit etwas verbittert ob der wechselnden öffentlichen Meinung zu einem großen Tunnelprojekt in Landshut. Überhaupt hätten sich die Zeiten geändert, inzwischen seien ja doch alle erfahrener und ruhiger geworden – „und Sie, die Grünen, sind inzwischen besser bekleidet“.
  • Bernhard Suttner, Vorsitzender der bayerischen ödp, lobte die Effekte, die der Bürgerentscheid auf die Kommunikation zwischen Bürgern und Verwaltung hätte. Wichtig sei natürlich, dass Bürger und Politiker im Dialog stünden – dieser Dialog sei aber für die Bürger durch das letzte Mittel des Bürgerbegehrens „zielführender“ geworden. Er betonte außerdem die Vorbildfunktion der Schweiz damals, in der das Prinzip direkter Bürgerbeteiligung gut funktioniert.
  • Der bayerische Verfassungsrichter Klaus Hahnzog (SPD) erzählte auf die Frage nach dem bundesweiten Volksbegehren hin von dem ständigen Ringen mit der CSU/CDU, die sich damit nicht anfreunden könnten. Seiner Meinung nach sei auch gerade der Atomausstieg ein gutes Thema für einen solchen Volksentscheid.
  • Peter Gauweiler (CSU) wurde nach eigenen Aussagen auch eingeladen, um der ganzen Veranstaltung „eine gewisse Würze“ zu verleihen – und genau das tat er dann auch, mit reichlich herzhaften Sticheleien. Er nutzte selbst das Instrument des Bürgerbegehrens selbst intensiv – er war mit dem Tunnel-Entscheid in München Initiator des ersten bayerischen Entscheids – betonte aber auch, dass die Entscheidungen stark von flüchtigen Stimmungen abhängen können. Zu Wackersdorf hätte man damals einen Volksentscheid durchführen sollen – er wäre sich zumindest nicht sicher, ob die Entscheidung wirklich ablehnend gewesen wäre.. Überhaupt sieht er die Probleme der Politik an ganz anderen Stellen, zum Beispiel der Verlagerung der Gesetzgebungskompetenz insbesondere hin zur EU, und der Apparatisierung der Parteien. Er erwähnte außerdem, dass er sich im Bundestag zusammen mit Josef Winkler (Grüne) für die Direktwahl einiger hoher Ämter einsetzt, beispielsweise des Bundespräsidenten.
  • Gerald Häfner (Grüne), Mitgründer des „Mehr Demokratie e.V.“, erzählte, wie er überhaupt dazu kam, sich für mehr direkte Demokratie einzusetzen und betonte die Bedeutung der fundamentalen Frage, wer im politischen System nach welchem Verfahren entscheidet. Er setzte sich bereits lange für die Möglichkeit eines bundesweiten Volksentscheids ein und sieht hier immerhin die Widerstände schmelzen. Gleichzeitig sei es wichtig, sich diese Mitbestimmungsrechte auch auf europäischer Ebene zu erkämpfen.

Zum Abschluss hätte Gerald schließlich noch einen Vortrag über die Europäische Bürgerinitiative halten sollen (er ist im Europäischen Parlament einer der zuständigen Berichterstatter dazu), der wegen Zeitmangel dann leider doch entfallen musste – damit nach der Mittagspause die „Wellküren“ noch ihren abschließenden Auftritt halten konnten. Am 15. November wird es im Bayerischen Landtag von 19:30 – 21:00 Uhr noch eine Veranstaltung mit Gerald speziell zur Europäischen Bürgerinitiative geben – leider habe ich dazu aber online noch nichts gefunden.

Bericht: LAK Medien- und Netzpolitik am 18. September

Diesen Monat tagte der Landesarbeitskreises wieder in Ingolstadt. Insgesamt waren elf Personen anwesend – ironischerweise aber nur ein einziger aus Ingolstadt selbst. Für zwei der Beteiligten war dieses Treffen quasi die „Feuertaufe“ der aktiven Parteiarbeit – ich hoffe einfach mal, wir haben sie nicht verschreckt 🙂

Der Schwerpunkt des Treffens lag beim Urheberrecht und der Kulturflatrate. Anlass dafür war die kommende Podiumsdiskussion „Eine für alle – Brauchen wir eine Pauschalvergütung im Internet?“ der Grünen Landtagsfraktion, auf der diese Themen näher erörtert werden sollen. Als Referenten haben bereits RA Gerd Hansen, Konstantin von Notz (MdB) und Helga Trüpel (MdEP) zugesagt – also Personen, die sich bereits mehrfach in der Diskussion um die Kulturflatrate eingebracht haben.
Der LAK ist bei dieser Veranstaltung inhaltlich beratend tätig – so wurde auf dem Treffen eine recht ausführliche Liste an Fragestellungen ausgearbeitet, die der Moderatorin als Leitfaden dienen könnte. Das Ziel des LAKs bei der Veranstaltung wird sein, nachzuhaken, ob schon genauere Vorstellungen zur möglichen Ausgestaltung der Kulturflatrate herrschen – um letzten Endes auch selbst Stellung dazu beziehen zu können.

Inspiriert von einem unserer Meinung nach gelungenen Positionspapier der Baden-Württemberger Grünen zur Netzpolitik machten wir uns außerdem Gedanken, wie der LAK ebenfalls zu einem Positionspapier kommen kann, das sich dann freilich eher an den bayerischen Gegebenheiten orientiert – und dann möglicherweise auch mit in das Wahlprogramm zur kommenden Landtagswahl einfließt. Während wir noch nicht soweit kamen, konkrete (Recherche-)Aufgaben zu verteilen, wurden zumindest schon einmal die ungefähren Themengebiete identifiziert.

Zuletzt wurde diskutiert, wie man den LAK in der Partei noch etwas bekannter machen könnte. Mit einem knappen Dutzend Teilnehmern bei jedem Treffen haben wir zwar noch keine Probleme, doch gerade der Frauenanteil (zwei Frauen bei diesem Treffen) ist derzeit noch unbefriedigend. Als ersten Schritt sollen Flyer gedruckt werden, mit denen wir uns unter anderem auf der kommenden Landesdelegiertenkonferenz etwas bewerben wollen.

Bericht: OV-Sitzung Westend/Laim – 15. September

Beim September-Treffen des Ortsverbands Westend-Laim wurde vor allem das anstehende Laimer Kartoffelfeuer besprochen bzw. Aufgaben verteilt. Der ursprüngliche Termin am 9. Oktober musste leider abgesagt werden, da die Münchner Anti-Atom-Demo auf den selben Tag gelegt wurde. Daher bleibt der Ausweichtermin am 16. Oktober. Ich verweise jetzt einfach auf die Ankündigung, die ich inzwischen auf der OV-Website veröffentlicht habe.

Außerdem wurde die Podiumsdiskussion besprochen, die ich bei den vergangenen Berichten schon mehrfach erwähnt habe, inzwischen aber konkreter geworden ist: am 5. Oktober kommen Hep Monatzeder und Max Leuprecht, um das städtische Verkehrskonzept in Bezug auf Radfahrer vorzustellen. Die Veranstaltung soll sich primär an ein parteiinternes Publikum richten, wobei freilich jede Interessierte vorbeikommen kann (genauere Infos). Im Dezember soll es dann eine größer angelegte Podiumsdiskussion zum selben Thema geben, die sich dann auch aktiv an die Öffentlichkeit richtet.

Inhaltlich wurden noch verschiedene Themen angeschnitten, aber da das OV-Treffen leider in einem Restaurant stattfand, bei dem parallel ein Fußballspiel übertragen wurde und in dem ein entsprechender Geräuschpegel herrschte, wurde nichts wirklich vertieft.

Stadtversammlung der Münchner Grünen (26. Juli ’10)

Die Juli-Stadtversammlung fand am 26. Juli 2010 statt und war wieder außerordentlich gut besucht – ziemlich genau 100 stimmberechtigte Mitglieder und einige Besucher waren anwesend. Geschuldet war das wohl der angekündigten Aussprache zum Hygiene-Skandal, aber auch eine ganze Reihe weiterer Tagesordnungspunkte sorgten dafür, dass die Versammlung bis gut 23:30 Uhr dauerte. Zwei der ursprünglich für diesen Tag vorgesehenen Anträge wurden aus Zeitgründen auf die nächste Stadtversammlung verschoben. Eine besondere Erwähnung verdient wohl die Moderation von Beppo (neben Doris und Jürgen), der mit seiner Akribie für Ordnung und mit pikanten Geschichten aus diversen Hotelzimmern für Unterhaltung sorgte…

Zu den Problemen rund um die Münchner Kliniken gab es drei Stellungnahmen: Hep Monatzeder schilderte die Ereignisse auf und in Folge der Aufsichtsratssitzung am 2. Juli, auf der sie erstmals über die Hygiene-Probleme im Klinikum Bogenhausen erfuhren. Er war demnach um ein sofortiges Aufklärung der Sache bemüht, drei der Geschäftsführer wurden auch innerhalb weniger Tage gekündigt. Den Fehler beim SZ-Interview räumte er ein, rügte aber auch den Umgang einiger Medien mit seiner Person, insbesondere seitens der Abendzeitung. Die Vorwürfe seitens der CSU wären haltlos (in dem Brief, in dem ein CSU-Stadtrat bereits vor Monaten auf das Problem hingewiesen haben wollte, ging es so um einen gänzlich anderen Sachverhalt). Lydia Dietrich bestätigte in ihrem Bericht die Schilderungen Heps. Das Krisenmanagement habe demnach hervorragend funktioniert, auch sie kritisierte die „Schlammschlacht auf fragwürdigem Niveau“. Sie betonte aber auch, dass es natürlich sei, dass man Mitglieder der eigenen Partei fördere – wie auch immer das in Bezug auf den konkreten Streitfall (Fuß) zu verstehen ist. Joachim Lorenz (Gesundheitsreferent) sprach dann noch ausführlich und anschaulich über die Probleme, die Vielzahl an Praxen und Kliniken in München zu kontrollieren, und darüber, dass es in kleineren Kommunen wohl noch schwieriger ist als im vergleichsweise noch gut ausgestatteten München.

Die Diskussion verlief überraschend wenig kontrovers. Dieter Janecek kritisierte die Tendenz bei den Münchner Grünen, von der Presse verwendete negativ besetzte Schlagwörter („Filz“ etc.) vorschnell zu übernehmen. Außerdem sei die aktuelle Diskussion kein passender Anlass für die Frage nach einem Generationswechsel – wohl eine Anspielung auf Hannas und Nikolaus‘ Interview in der SZ. Sigi Benker wurde von einer Rednerin kritisiert, da er wohl als Aufsichtsratsvorsitzender für MünchenStift gehandelt werde. Dieser antwortete, er habe lediglich einmal das Interesse an einer Bewerbung bekundet – das Thema werde aber erst 2013 wirklich aktuell.

Anschließend stellte Florian Vogel seinen Antrag vor, den es auch in der beschlossenen Fassung (es gab mehrere Änderungsanträge auf der Versammlung) online nachzulesen gibt.

Überraschend kurz abgehandelt wurde der Antrag zur Olympa-Bewerbung Münchens. Seit dem knappen Votum für eine Bewerbung im Oktober 2009 ist die Bewerbung ja das große Streitthema innerhalb der Münchner Grünen, wobei die allgemeine Stimmung inzwischen anscheinend recht klar ins Negative gekippt ist. Nach der finanziellen Schieflage der Bewerbungsgesellschaft spricht sich der Antrag gegen eine Finanzierung der Bewerbung über Steuergelder aus, auch gegen eine Querfinanzierung über die städtischen Unternehmen. Auch die Vertreter der Stadtratsfraktion sprachen sich für den Antrag aus, er wurde anschließend mit großer Mehrheit angenommen.

In einem weiteren Antrag ging es um die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko. Der Antrag forderte einerseits, einen Katalog ethischer Kriterien zu entwickeln, anhand derer städtische Betriebe künftig dagegen verstoßende Unternehmen ausschließen könnten. Gefordert wurde andererseits ein übergangsweiser Boykott von BP, bis dieser Katalog ausgearbeitet wäre. In der anschließenden Diskussion wurde vor allem der Boykott kritisiert – dieser suggeriere ja, dass sich andere Öl-Firmen besser verhielten. Durch einen Änderungsantrag wurde dieser Passus gestrichen. Die geänderte Fassung wurde mit klarer Mehrheit beschlossen.

Anschließend stellte Dieter Janecek den Leitantrag für die Landesversammlung („Besser ist mehr“) im Oktober vor – beziehungsweise den Entwurf des Antrags, da dieser noch nicht ganz ausgearbeitet ist. Der Antrag fordert einerseits eine Abkehr vom Leitbild des immer währenden Wirtschaftswachstums, besonders vom Wachstum um seiner selbst willen. Manche müssten in Zukunft auch auf einen Teil ihres Wohlstands verzichten – wobei klar sein müsse, dass nur derjenige verzichten könne, der auch etwas zum verzichten habe. Andererseits fordert der Antrag konkrete Maßnahmen für einen Umbau der Gesellschaft hin zur Klimaneutralität. Dabei müsse auch erneut über ökologische Steuerreformen nachgedacht werden. Neu beschlossene Gesetze sollten einem „Nachhaltigkeits-TÜV“ unterzogen werden. Auch die Bildung müsse weiter gefördert werden. Abschließend rief Dieter dazu auf, sich an der Ausarbeitung des Antrags zu beteiligen.

Die Wahlen der Delegierten für die nächste Landesversammlung (23./24. Oktober in Würzburg) nahmen ebenfalls recht viel Zeit in Anspruch. Auch wenn die etwa 50 BewerberInnen im Durchschnitt nur eine halbe Minute Vorstellungszeit hatten: durch die Wahlphasen und die Auszählung zog sich das ganze recht in die Länge. Unterm Strich wurden bei den Frauenplätzen alle Bewerberinnen gewählt – es gab 16 Bewerberinnen auf 18 Plätze. Bei den verbleibenden 2 Plätzen wird zunächst versucht, sie auf der nächsten Stadtversammlung im August zu besetzen. Falls dies nicht gelingt, werden die Plätze sie üblicherweise für die Männer freigegeben. Bei den 18 offenen Plätzen gab es um die 35 Bewerber. 17 davon wurden auf dieser Stadtversammlung bereits gewählt. Wegen Stimmgleichheit auf Platz 18 muss zwischen den beiden Bewerbern eine Stichwahl erfolgen, was aber auf die nächste Versammlung vertagt wurde.

In einer sehr undenkbaren Situation waren Lydia Dietrich, Katharina Schulze und Gerald Häfner, die während den Auszählphasen über ihre jeweiligen Tätigkeiten berichteten. Die Aufnahmefähigkeit der meisten Anwesenden war zu diesem Zeitpunkt schon völlig erschöpft, der Geräuschpegel war dementsprechend hoch. Nicht wirklich fair gegenüber den ReferentInnen, die einiges zu erzählen hatten:

  • Lydia stellte das am 20. Mai gegründete „Bündnis gegen Homophobie“ und dessen Tätigkeit vor (Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärung, Diskussionen mit Hallenbetreibern).
  • Gerald berichtete von der Einführung der Europäischen Bürgerinitiative . Er hat es nach vielen Mühen geschafft, Berichterstatter für die weitere Ausgestaltung zu werden. Viele Details der Ausgestaltung sind noch strittig: welche Quoren zu erreichen sind (die Mindestzahl von 1 Mio. BürgerInnen ist zwar fest, strittig ist aber beispielsweise, aus wie vielen verschiedenen Ländern die Stimmen kommen müssen), ob zur Teilnahme an den Petitionen ein Personalausweis erforderlich sein soll, wie die EU-Kommission mit den Initiativen zu verfahren hat, und auf welche Themenbereiche sich die Initiativen beziehen können.
  • Katharina stellte sowohl die Mitarbeiter sowie die Arbeit des bayerischen Parteirats vor.

Bericht: OV-Sitzung Westend/Laim – 22. Juli

Nach zwei eher schwach besuchten Sitzungen im Mai und Juni war das Treffen des Ortsverbands Westend-Laim am 22. Juli mit zwölf Personen wieder recht gut besucht.

Erstes Thema waren die anstehenden Vorstandswahlen des Ortsverbands. Nach ein paar Unklarheiten über die Terminwahl kamen wir zum Konsens, dass sie idealerweise im April 2011 stattfinden sollten. Myriam tritt als Sprecherin nicht mehr an – sie begründete es damit, dass einerseits nach fünf Jahren einfach mal wieder Zeit für einen Wechsel wäre, und sie andererseits auch zeitlich nicht mehr in dem Maße um die Aufgaben kümmern könne. Auch Daniel kann sich vorstellen, den Beisitzer-Posten abzugeben, wenn sich ein Nachfolger findet.. Der Ortsverband muss sich daher nach NachfolgerInnen umsehen – wobei angesichts der geringeren Zahl an aktiven Frauen im OV der Posten der Vorstandssprecherin akuter sein wird.

Einen größeren Teil des Abends nahm der Hygiene-Skandal an Münchner Kliniken ein. Daniel konnte als Mitarbeiter von Hep Monatzeder recht genau berichten, wie nach Bekanntwerden der Probleme reagiert wurde. Er korrigierte außerdem den Kontext, in dem jene unglückliche, weil faktisch falsche Aussage Heps gefallen ist.
Während nicht bestritten wurde, dass die Rücktrittsforderungen seitens der CSU vorrangig wahltaktisch motiviert sein dürften, kritisierten mehrere Anwesende die damalige Berufung des damaligen Klinikum-Geschäftsführers. Streitpunkt ist insbesondere, inwieweit er tatsächlich die unter den damals bekannten Umständen die fachlich beste Wahl war, oder ob nicht sein (grünes) Parteibuch eine Rolle gespielt haben könnte. Letzteres wäre auch nicht im Sinne der Parteibasis.
Einigkeit herrschte hingegen wieder darin, dass die nun aufgeflogenen Probleme im Klinikum keinesfalls spezifisch für diese zwei Kliniken ist, sondern Teil eines systematischen Problems an deutschen Kliniken sind.
In der kommenden Stadtversammlung am Montag wird ebenfalls noch einmal über dieses Thema gesprochen.

Kurz wurde der vergangene Volksentscheid in Hamburg thematisiert, insbesondere die Frage, welche Wählerschichten eine eher ablehnende, welche eine eher zustimmende Haltung hatten, und in welchen die Wahlbeteiligung besonders hoch bzw. niedrig war. Gemutmaßt wurde unter anderem, dass auch ein guter Teil der Grünen-Wähler in diesem Fall wohl gegen das grüne Herzensprojekt gestimmt haben dürften.

Michael hielt einen kurzen Bericht über den Stand der Informationsfreiheitssatzung: der Antrag auf der letzten Grünen-Stadtversammlung wurde bekanntlich angenommen. Im weiteren berichtete er von den Ergebnissen des Diskussionspanels „Vom Obrigkeitsstaat zur Mitmachdemokratie„.

Für das bereits seit längerem angedachte Fahrradprojekt wird nun ein separater Arbeitskreis gebildet, der zunächst die Konzeption übernimmt und nach weiteren Kooperationspartnern sucht. Interessant werden dabei vor allem die Schnittstellen zu den Behörden bzw. politischen Institutionen – da es ja viele Anknüpfungpunkte u.a. zu den Bezirksausschüssen und dem KVR gibt. Über mangelndes Interesse kann man sich dabei wohl nicht beklagen: mehrere OVs haben sich diesbezüglich bereits gemeldet.

Dann kam noch kurz das Laimer Kartoffelfeuer zur Sprache, das dieses Jahr hoffentlich wieder stattfindet. Die angedachten Termine sind der 10. Oktober, gefolgt (bei schlechtem Wetter) vom 17. Oktober. Generell herrschte große Bereitschaft, Jörg als Organisator wo möglich bei der Durchführung zu unterstützen.

LAK Medien- und Netzpolitik: Treffen am 24. Juli

Das dritte Treffen des bayerischen LAK Medien- und Netzpolitik fand wieder in München in den Räumen des bayerischen Landesverbands statt. Es waren 12 Personen anwesend, hauptsächlich die „üblichen Verdächtigen“, aber auch ein paar neue Gesichter.

Das angekündigte Schwerpunktthema war der Journalismus. Das traf sich natürlich recht gut, da ja gerade erst am Tag zuvor in Niedersachsen der Trend ausgerufen wurde, Medien zur Erfüllung politischer Ziele mit in die Pflicht zu nehmen. Der LAK war schon kurz davor, einen eigenen Forderungskatalog aufzustellen, über was die bayerische Presse noch berichten dürfe und vor allem wie. Aber Alex in seiner Funktion als Pressesprecher wäre wohl nicht begeistert von der Idee gewesen, zig Medien die Sache mit der Ironie nochmal erklären zu müssen…

Zum Organisatorischen: das Bankkonto des LAKs ist inzwischen eröffnet, der Startzuschuss des Landesverbandes ist inzwischen ausgezahlt, womit Fahrtkostenzuschüsse ab jetzt möglich sind.
Die LAK-Termine für 2011 werden erst im Oktober-Treffen (22. Oktober in Würzburg) festgelegt, da erst dann die wichtigen Termine des Bundes- und des Landesverbandes feststehen, an denen man sich orientieren kann.
Wir entschieden uns außerdem, vor dem Oktober-Treffen noch ein weiteres einzuschieben: am 18. September, 10:30 Uhr im Grünen-Stadtbüro in Ingolstadt.

Ausführlich wurde eine geplante Podiumsdiskussion zum Thema Urheberrecht im Allgemeinen und Kulturflatrate im Speziellen diskutiert. Die ursprüngliche Idee von Hermann Brem und Gerd Hansen (der auch anwesend war und die Diskussion sehr bereicherte) war eine möglichst öffentlichkeitswirksame Aktion über die Kulturflatrate, im LAK wurde zwischenzeitlich auch die Möglichkeit erwogen, diese parallel zu den Münchner Medientagen im Oktober zu veranstalten. Bei der Diskussion kamen wir aber zum Ergebnis, dass dies wohl eher kontraproduktiv sein dürfte: zu unklar ist hier noch die Positionierung der Grünen selbst zu diesem Thema. Gerade wegen seiner Aktualität wird die Idee einer solchen Veranstaltung zwar weiter verfolgt und auch ungefähr in diesem Zeitraum angestrebt, die Ausrichtung wird aber eher die parteiinterne Meinungsfindung sein (was freilich nicht ausschließt, dass weitere Interessierte ebenfalls an der Veranstaltung teilnehmen).
In der Veranstaltung sollen die Interessen der verschiedenen Interessengruppen (Labels, Zuhörer, Musiker (erfolgreich), Musiker (weniger erfolgreich), …) geklärt werden sowie ein möglichst konkretes Modell der Kulturflatrate dargestellt werden. Geklärt werden muss neben der Räumlichkeit vor allem noch, wer an der Diskussion teilnehmen will.
Generell ist aber festzuhalten, dass im LAK aus einer Vielzahl an Gründen eine eher kritische Haltung gegenüber der Idee einer Kulturflatrate herrscht.

Großen Anklang fand der Vorschlag von Alex Burger, eine Veranstaltungsreihe „Digital-Analoges Sofa“ zu etablieren, die vor allem dem Zweck dienen soll, im kleinen Rahmen in lockerer Atmosphäre mit verschiedenen Medienschaffenden ins Gespräch zu kommen, diese Gespräche aber einerseits auch Interessierten zu machen, andererseits auch die Ergebnisse öffentlich zu dokumentieren (ggf. durch Videoaufzeichnung). Diese Gespräche sollen alle zwei Monate stattfinden, nach Möglichkeit ab Herbst.

Schwerpunktthema des Tages war wie bereits gesagt dann der Journalismus, insbesondere der Qualitätsjournalismus. Da es die erste tiefer gehende Sitzung zu diesem Thema war, wurde von Sascha zuerst ein Ziel vorgestellt: Am Ende einer etwa einjährigen Diskussionsphase soll ein „Positionspapier zur Förderung der Rahmenbedingungen des Qualitätsjournalismus“ stehen.
Diskutiert wurden dann vor allem folgende Teilaspekte des gesamten Themenkomplexes:

  • Warum hat die Ausbildung bei einigen privaten Ausbildungsstätten (z.B. der Deutschen Journalistenschule) einen besseren Ruf als die universitäre Ausbildung? (Erklärungsansätze sind die Knappheit der Ausbildungsplätze, der größere Praxisbezug, sich bildende Netzwerke) Warum gibt es keine (oder nur wenige) Journalismus-Studiengänge an Fachhochschulen? Inwieweit lässt sich eine Journalistenausbildung überhaupt normieren?
  • Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für Zeitungen bringt wie die meisten anderen Ermäßigungen völlig unlogische Abgrenzungsprobleme mit sich. Daraus eine politische Forderung abzuleiten, dürfte dagegen schwer und wenig zielführend sein.
  • Die (wohl eher schwierige) Beziehung zwischen der Künstlersozialversicherung und den Journalisten.
  • Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk, der durch das für alle Seiten unbefriedigende „Depublizieren“ zurzeit ja ein Dauerthema ist.

„Vom Obrigkeitsstaat zur Mitmachdemokratie“

Passend zur in München gerade wieder aufkommenden Diskussion über eine Informationsfreiheitssatzung fand im bayerischen Landtag am 9. Juli 2010 ein Diskussionspanel rund um Informationsfreiheitsrechte statt. Ausgerichtet wurde es von der grünen Landtagsabgeordneten Susanna Tausendfreund, es war aber mit Thomas Petri (Landesbeauftragter für Datenschutz), Josef Schmid (Vorsitzender der Münchner CSU-Fraktion), Peter Kveton (Journalist), Florian Roth (Münchner Grünen-Fraktion) und als Moderatorin Heike Mayer (Transparency International) überparteilich besetzt. Im Publikum waren etwa 40 Besucher, davon auffallend viele KommunalpolitikerInnen aus (im Vergleich zu München) kleineren Gemeinden.

Zuerst stellte Susanna Tausendfreund die grundsätzliche Problematik rund um die Informationsfreiheitsrechte vor. Allein in dieser Legislaturperiode wurden im CSU/FDP-dominierten Landtag bereits zwei Anträge auf Informationsfreiheitsgesetze abgelehnt (einer der SPD, einer der Grünen), ein weiterer der Freien Wähler werde gerade diskutiert. So lange es kein Gesetz dazu gibt, können einzelne Städte hier die Vorreiterrolle übernehmen und sich selbst entsprechende Satzungen auferlegen – eine Reihe von bayerischen Städten hat das bereits getan. Dabei fällt auf, dass die Initiative dazu von ganz unterschiedlichen Parteien ausgeht. Sie selbst hat Erfahrungen in Pullach damit gemacht, wo seit März 2009 eine solche Satzung gilt, mit ermutigenden Ergebnissen: die Behörden werden keinesfalls, wie oft befürchtet wird, mit Anfragen überhäuft. Allerdings gab es wohl Streitereien darüber, inwieweit die Satzungen auch für die kommunalen Betriebe gelte.

Dr. Thomas Petri konnte von seinen Erfahrungen in Berlin berichten: dort gibt es ein Informationsfreiheitsgesetz schon länger, das ganze habe sich schon gut eingespielt. Es gibt mit etwa 2000 Bürgeranfragen pro Jahr durchaus eine signifikante Anzahl an Anfragen, die aber auch noch tragbar sind. Beispiele für solche Anfragen: eine Familie erkundigt sich nach den Ergebnissen einer Asbest-Studie über ein Schulgebäude, in welches das Kind möglicherweise gehen soll; eine auf einem Gehweg verunglückte Bürgerin will wissen, ob bei der letzten Sicherheitsprüfung des Gehwegs alles mit rechten Dingen zugegangen ist; oder auch Anfragen nach den Privilegien von Landtagsabgeordneten.

Petri vertrat in seiner Position als Landesdatenschutzbeauftragter im weiteren Diskussionsverlauf die Datenschutzseite: Protokolle von Sitzungen oder gar Live-Übertragungen seien nur zulässig, wenn die betroffenen Stadträte dem zustimmen. Hier wird die kommunale Ebene gesetzlich anders gehandhabt als die Länder- und Bundesebene, da in den meisten Kommunen die Kommunalpolitik von rein Ehrenamtlichen erledigt wird. Zu beachten ist auch, dass in Stadtratssitzungen häufig über einzelne Firmen oder Privatpersonen gesprochen werde, was aus Datenschutzgründen dann nicht veröffentlicht werden dürfe. Der Einwand, dass eventuell unpässliche Äußerungen ihren Skandalcharakter gar nicht über das Protokoll entfalten bräuchten, da in den Vorderen Reihen der Sitzungen ohnehin bereits die Zeitungsreporter säßen, ändert an der rechtlichen Bewertung wohl nichts – hier müssten also andere gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Andererseits wurde angemerkt, dass kritische Tagesordnungspunkte ohnehin bereits in nicht-öffentlichen Sitzungen behandelt werden und einer Veröffentlichung der Protokolle öffentlicher Sitzungen unter diesem Gesichtspunkt nichts im Wege stehen sollte.

Peter Kveton, Mitglied des „Nerzwerk Recherche“ zur Förderung des investigativen Journalismuses, stellte die Sicht eines Journalisten auf das Thema dar. Er selbst hatte damit bereits in einem recht Aufsehen erregenden Fall zu tun, der „Olympiamark-Affäre (bei der sich die rot-grüne Stadtregierung wohl nicht gerade mit Ruhm bekleckerte). Auch in anderen Fällen, wenn beispielsweise die Landesregierung behaupte, endlich ein perfektes Transrapid-Sicherheitskonzept zu haben, ist es für Journalisten äußerst wichtig, das Konzept sehen um es dann auch beurteilen zu können.

Dr. Florian Roth gab einen Überblick über die Situation in München. Hier zieht sich das ganze ja auf nicht ganz nachvollziehbare Weise ziemlich hin. Im März diesen Jahres wurde es vertagt, um zunächst die Erfahrungen anderer bayerischer Gemeinden zu evaluieren; zum neuen Termin wurde es dann erneut vertagt, da noch nicht alle Antworten eingegangen seien. Es soll aber im Herbst endlich entschieden werden. Es klang so, als ginge es im Prinzip nur noch darum, nach Möglichkeit eine möglichst einstimmige Entscheidung aller relevanten Parteien zu bekommen; mit CSU, Grünen und FDP gebe es so oder so eine Mehrheit. Roth versicherte bei der Gelegenheit, die Zustimmung der Fraktion Die Grünen/rosa liste hinge nicht vom Koalitionspartner SPD ab.

Joseph Schmid stellte seine Sicht als CSU-Fraktionsvorsitzender dar und versuchte vor allem, die Sicht auf die CSU als monolithischen Block zu relativieren – auch in der CSU gebe es Lernprozesse, und er habe sich auch schon häufiger für Informationsfreiheit eingesetzt, beispielsweise als es um den Ausbau des RIS-Systems ging.

In der anschließenden Publikumsdiskussion wurden einige sehr interessante Punkte genannt:

  • Es gab bereits um die 70 Versuche in Bayern, Informationsfreiheitssatzungen zu installieren. Davon wurden 90% abgelehnt.
  • Städtische Betriebe stellen ein strukturelles Problem dar, eine „Flucht ins Privatrecht“. Sie obliegen nicht hinreichend der öffentlichen Kontrolle. In München gebe es über hundert kommunale Betriebe, die von gerade mal 80 Stadträten kontrolliert werden sollen. In einigen Fällen kommunaler Betriebe wurde wohl aus dem Aktiengesellschafts-Recht hergeleitet, dass das Firmen-Wohl vor dem Eigentümer-Wohl steht, was bei kommunalen Betrieben natürlich abwegig ist.
  • Ein Problem stellen auch geheime Verträge von Institutionen dar – es gebe welche, wo nicht nur der Inhalt geheim ist, sondern auch deren Existenz. Als Beispiel wurde das Abkommen zwischen der Staatsbibliothek und Google über die Digitalisierung des Bücherbestands genannt. In Berlin wurden solche Verträge untersagt, allerdings nur „grundsätzlich“, was wohl noch Schlupflöcher offen lässt.
  • Mehrere Gemeinderäte im Publikum ätzten gegen die aktuelle Situation, dass sie über ein Informationsfreiheitsgesetz schon allein deswegen froh seien, weil sie dann endlich auch mal selbst Akteneinsicht bekommen würden. Ein Besucher mutmaßte in diesem Zusammenhang auch, dass es gar keinen so großen Konflikt zwischen Bürgern und dem Staat an sich gebe, sondern vielmehr mit der Exekutive auf der ein und der Legislative und den Bürgern auf der anderen Seite.

Zum Schluss der Diskussion lud Heike Meyer Josef Schmid noch ein, die CSU könne doch nach den Grünen, der ÖDP und den Piraten auch dem Bündnis Informationsfreiheit in Bayern beitreten – eine nette Geste.

Im Anschluss an die Veranstaltung gab es noch ein Buffet, das ich einfach gesondert erwähnen muss, weil es wirklich sehr lecker war. 🙂

Bericht: „Spiel ohne Grenzen – Wenn Computer und Internet süchtig machen“

Am 6. Juli fand im bayerischen Landtag bei Ulrike Gote wieder ein Gespräch über Medienpolitik statt, diesmal über Internet- und insbesondere Computerspielsucht. Es diskutierten der Facharzt Oliver Pogarell, Christoph Hirte von „Aktiv gegen Mediensucht e.V.“ und Hendrik Lesser vom „Videospielkultur e.V.“ – und auch wieder viele der etwa 25 BesucherInnen.

Dr. Med. Oliver Pogarell stellte die aktuelle medizinische Perspektive auf Computerspielsucht dar. Im Gegensatz zu stoffgebundenen Süchten mit klar definierten Krankheitsbildern (besonders verbreitet: Alkoholsucht) ist die Computersucht medizinisch noch nicht klar verortet – also ob es sich dabei um eine Zwangsstörung handelt, eine Impulskontrollstörung, eine klassische Sucht, oder ein komorbides Symptom einer anderen zugrunde liegenden Störung. Sie ist meistens auf einen der drei folgenden Bereiche ausgerichtet: Cybersexualität, Exzessives Messaging oder Onlinespiele (zumeist Rollenspiele). Die Studien zur Verbreitung von Computersucht kommen zu unterschiedlichen Zahlen, von 1,8%-8,2% aller Jugendlichen – so oder so sind das extrem hohe Zahlen, was das Thema zumindest meiner Meinung nach sehr viel akuter macht als im Vergleich dazu eher aufgebauschte Gewaltspiel-Debatten. In 78% der Fälle kommen laut Pogarell noch weitere Probleme dazu, wie Alkoholmissbrauch, Depressionen oder Konzentrationsstörungen. Über die Kausalität wisse man allerdings noch nicht ausreichend Bescheid. Auch was die Behandlung angeht, steht die Forschung noch am Anfang: man könne sich zwar an anderen Krankheitsbildern orientieren, es gebe aber noch keine medizinisch bewiesene Therapien.

Im Anschluss an den Vortrag diskutierte man noch kurz darüber, inwieweit eine auftretende Computerspielsucht eher durch persönliche Prädisposition oder vielmehr durch Suchtfaktoren des jeweiligen Spiels bedingt seien bzw. inwieweit letztere überhaupt schon identifiziert sind (es klang eher noch so, als ob).

Nach diesem eher wissenschaftlich orientierten Teil berichtete Christoph Hirte als betroffenes Elternteil und als Initiator des Selbsthilfeportals Rollenspielsucht. Er schilderte anschaulich und eindringlich am Beispiel seines Sohns („Wir hatten unseren Sohn ans Internet, an World of Warcraft“ verloren.“), welche verheerenden Folgen Computerspielsucht haben kann, sowohl für den Betroffenen selbst als auch für die Familien, die damit meist völlig überfordert sind und sich aus Scham meist nicht oder erst zu spät trauen, Hilfe aufzusuchen. Er erzählte von oben genanntem Selbsthilfeportal und vom „Aktiv gegen Mediensucht e.V.“, dessen Vorsitzender er ist.

Auf mich persönlich machte sein Vortrag einen teils etwas zwiespältigen Eindruck. Während seine eben genannten Aktionen, Bündnisse und Vereine sicher äußerst wertvoll sind, griff er während dem Vortrag mit der Zeit immer tiefer in die Polemik-Trickkiste um seine anschließenden politischen Forderungen herzuleiten. Eine Aussage wie „Im Internet gibt es keinerlei Kinder- und Jugendschutz“ ist genauso weltfremd wie der berühmte „Rechtsfreie Raum Internet“ – und wurde kurz darauf auch von einer Mitarbeiterin der KJM, die sich im Publikum befand, richtig gestellt. Mehrfach verglich er noch Videospiele mit Zigaretten, und medienkompetent sei genau der, der „selbstbestimmt den Ausschaltknopf findet“. Anschließend stellte er einen Forderungskatalog auf, auf dem sinnvolle Maßnahmen wie der Ausbau von Therapieplätzen, mehr Planstellen an den Suchtberatungsstellen und der Schaffung eines öffentlichen Bewusstseins für die Problematik, Unterstützung für Projekte wie z.B. „Logout“ in Rosenheim standen, genauso wie Maßnahmen, die vielleicht noch einmal genauer durchdacht werden müssten, wie z.B. der Schaffung einer eigenen „Computerspielsteuer“.

Als dritter und letzter Referent kam Hendrik Lesser vom „Videospielkultur e.V.“ an die Reihe. Er betonte dabei einerseits, dass bei allen berechtigten Sorgen vor den Folgen der Computerspielsucht nicht übersehen werden sollte, dass Spiele sowohl als Kultur- als Wirtschaftsgut eine wichtige und positive Rolle in der Gesellschaft spielen. Andererseits erzählte er von den praktischen Problemen, mit denen sich der Jugendschutz häufig konfrontiert sieht, zu dem er sich aber auch ganz klar bekannte. So gäbe es beispielsweise größere Kompetenzprobleme zwischen der USK und der KJM hinsichtlich offline gekauften, dann aber online gespielten Videospielen. Zu einem späteren Zeitpunkt führte er außerdem aus, dass sich die Geschäftsmodelle der Onlinespiele stark im Wandel befinden: Spiele wie WoW mit einem Kaufpreis und monatlichen Gebühren sind mehr oder weniger bereits Auslaufmodelle, die Zukunft gehörten Spielen, die in der Basis-Version kostenlos zu spielen seien und erst in der Premiumversion Geld kosten. Schließlich merkte er auch an, dass es auch schwierig sei, ein Verbot von Spielen wie WoW für Kinder/Jugendliche rechtzufertigen; grundsätzlich jedes Spiel ziele auf den „Flow“-Effekt beim Spieler ab, und WoW sei darin nur besonders gut.

Mit der letzten These mutete er einigen im Publikum wohl etwas zu viel zu – hier gab es lautstarke Proteste dagegen, dem ganz offensichtlich regelrecht gehassten WoW auch nur irgendetwas, wenn auch nur abstrakt Positives zuzusprechen. Etwas vereinfacht ist die These aber sicher auch – es gibt ja durchaus bestimmte Elemente im Gamedesign, die offenbar dazu beitragen, häufiger Gegenstand einer Sucht zu werden. Beispielsweise persistente Spielewelten, die in Echtzeit ablaufen, kein Ende nehmen und bestimmte Belohnungssysteme besitzen.

Wie man mit solchen Spielen umgehen kann, wurde im weiteren Verlauf des Abends noch weiter diskutiert. Von den Eltern wurden klare Warnhinweise auf den Spielen gewünscht, gerade zum Suchtpotenzial. Der Vorschlag, bei Kindern und Jugendlichen seitens des Spiels Zeitlimits einzubauen, wurde in seiner tatsächlichen Wirkung eher kritisch beäugt. Scharf kritisiert wurde eine Aussage, Anliegen der Eltern müsse vorrangig sein, dem Kind eine angenehme Umgebung zu schaffen, dass es gar nicht erst in eine Sucht hinein gerate: gerade durch solche Aussagen würde das Gefühl geschürt, Computerspielsucht sei auf ein Versagen der Eltern zurückzuführen, was diese davon abhalte, Hilfe aufzusuchen. Ulrike Gote wies darauf hin, dass auch die Einführung einer Ganztagsschule präventiven Charakter haben könne. Außerdem sah sie wohl die Möglichkeit im neuen JMStV, Jugendschutzprogramme zu entwickeln, als recht positiv an.

Stadtversammlung der Münchner Grünen (21. Juni ‘10)

Die Münchner Grünen-Stadtversammlung am 21. Juni hatte ein dicht gedrängtes Programm. Etwa 60-70 Personen, von denen aber nur knapp die Hälfte bis zum bitteren Ende durchhielten, hatten sich im Hofbräuhaus versammelt, um sich einerseits von Glenn Schmidt von BMW über den aktuellen Feldversuch mit dem MINI-E informieren zu lassen, und um andererseits über eine ganze Reihe von Anträgen abzustimmen.

Zu Beginn wies Nikolaus Hoenning auf die Aktionen der Münchner Grünen zur Unterstützung der Präsidentschaftsbewerbung von Joachim Gauck hin, gefolgt vom Aufruf nach Helfern zum Grünen-Stand am Christopher Street Day.

Dieter Janecek leitete auf das Thema Elektromobilität hin, indem er das folgende Gespäch mit Schmidt in den größeren Kontext des Mein-Bayern-Prozesses setzte und darauf hinwies, dass für uns Grüne bei allem Interesse für die Elektromobilität das Ziel eher in der Vermeidung von motorisierten Individualverkehr liegt und es gerade in Großstädten auch bereits Trends dahingehend gibt.
Glenn Schmidt stellte nun ausführlicher den Feldversuch mit dem MINI-E vor. Weltweit sind demnach derzeit etwa 600 Fahrzeuge unterwegs, davon um die 15 in München. Getestet werden sie von Interessierten Bewerbern, vorrangig Männern über 40. Ziel des Tests ist dabei, die Praxistauglichkeit der Elektro-Wägen zu untersuchen, gerade hinsichtlich der verhältnismäßig geringen Reichweite (die durchschnittliche Reichweite bei einer vollen Ladung beträgt etwa 150km) und des Wiederaufladens (bei einer Schnellaufladung an speziellen Säulen dauert eine Vollaufladung etwa 3,8h). Eine lustige Anekdote ist, dass sie bei der Durchführung wohl mehrfach gefragt wurden, ob man mit den Autos schon Waschanlagen nutzen könne, wegen Elektronik und Wasser und so…
Gerade für die Verwendung innerhalb der Stadt scheinen die Autos wohl in den oben genannten Aspekten tatsächlich kaum Nachteile gegenüber Verbrennungsmotoren zu haben – das Problem der geringen Kofferraumfläche bleibt aber.
Die wirklich kritische Frage bei Elektro-Autos ist, und ein Großteil der Nachfragen gingen in diese Richtung, die Zusammensetzung des Strommixes. Einen wirklichen ökologischen Vorteil gegenüber Verbrennungsmotoren haben Elektro-Autos erst dann, wenn der Strom auch aus regenerativen Quellen stammt, nicht wiederum aus Verbrennung oder Atomkraftwerken. Das ist beim derzeitigen Strommix noch nicht gegeben. Schmidt verwies dabei einerseits darauf, dass dies nicht ihre Aufgabe sondern die der Stromwirtschaft sei, andererseits darauf, dass über intelligente, automatische Lademethoden über Nacht die Stromaufnahme so reguliert werden könne, dass sie sich an die recht wechselhaft auftretenden Überkapazitäten der Windenergie anpasse.
In der Diskussion wurden noch verschiedene Aspekte rund um die Lebensdauer der Batterien (~10 Jahre) diskutiert, zukünftige Modelle, „Vehicle 2 Grid“ und die Möglichkeit eines „Batterie-Wechselservices an Tankstellen“ (wurde von Schmidt wegen der aufwändigen dahinter stehenden Logistik eher kritisch beurteilt).
Leider ließ sich Schmidt dann mitunter doch zu einer „Autos machen tragen doch gerade mal x% zum CO2-Ausstoß bei, problematisch sind doch viel mehr …“-Argumentation hinreißen – andererseits kann man natürlich fast nicht erwarten, dass ein Vertreter von BMW in die immer wieder formulierte Forderung, wir müssten uns weg vom Auto hin zur Schiene entwickeln, unisono einstimmt.

Nach der Diskussion über E-Mobilität ging es an die Anträge. Zuerst wurde in einem Antrag die Einrichtung eines „Cluster Bildung“ vorgeschlagen. Dieser soll über den Zeitraum von etwas über einem Jahr längerfristige Visionen zum Bildungssystem entwickeln, im Rahmen der Münchner Grünen (wozu ja auch Landtagsabgeordnete zählen). Der Antrag hatte insgesamt eher den Charakter einer in einen Antrag verpackten Bekanntmachung und wurde auch mit breiter Mehrheit angenommen.

Umstritten war der Antrag von Hanna Sammüller, unseren Stadträten bei dienstlichen Reisen die Verwendung des Flugzeugs grundsätzlich (mit einigen eher seltenen Ausnahmen) zu untersagen, wenn die Zugfahrt weniger als sechs Stunden dauert. Hintergrund des Antrags war der Vorschlag der Fraktion, getätigte Flüge vielmehr über Atmosfair auszugleichen – was ihr und vielen anderen nicht weit genug ging. Gestritten wurde im folgenden vor allem um die Praktikabilität des Vorschlags. Stadträte müssen wohl häufiger für Termine zum Beispiel nach Berlin, die nur wenige Stunden dauern, müssten dann aber bei einer Reise per Bahn meistens über Nacht bleiben – worauf gerade diejenigen mit Familie nicht gerade erpicht waren. Dieter Janecek stellte den Änderungsantrag, die Stundenzahl auf fünf zu reduzieren, womit wohl der größere Teil der Berlin-Fahrten aus der Schusslinie gerieten. In dieser geänderten Fassung wurde der Antrag schlussendlich beschlossen.

Es folgte der Antrag von Michael Schneider zur Informationsfreiheitssatzung. Diese wird voraussichtlich gegen Ende Juli wieder im Stadtrat diskutiert werden und stellt eine große Chance dar, für mehr Transparenz in der Stadtverwaltung zu sorgen – ein grundsätzlich anzunehmendes Akteneinsichtsrecht für alle Bürger mache deutlich, dass die Verwaltung im Dienste der Bürger stehe. Etwas diskutiert wurde der Teil des Antrags, der auch eine möglichst weit gehende Transparenz für die städtischen Betriebe (also insbesondere die MVG) fordert – kritisiert wurde, dass eine Offenlegung auch der konkreten Kostenkalkulationen einen zu großen Wettbewerbsnachteil der Betriebe bedeutete. Da dies aber so auch gar nicht gefordert wurde (und wohl auch gar nicht durchzusetzen wäre) und sich nicht zuletzt auch Florian Roth, der sich in der Stadtratsfaktion mit dem Thema beschäftigt, für den Antrag in der bestehenden Form aussprach, wurde er so belassen – und schließlich mit großer Mehrheit angenommen.

Als nächstes kam ein insgesamt eher chaotisch wirkender Tross an Anträgen und Änderungsanträgen rund um das Thema Staaten-Insolvenz, europäische Rettungsfonds und Griechenland-Hilfe. Hier hatten unterschiedliche Instanzen und Personen unabhängig voneinander Anträge vorbereitet, die sich mal mehr, mal weniger voneinander unterschieden. Die Anträge waren sich darin einig, dass für die Zukunft ein geordnetes Insolvenzverfahren für Staaten im Euro-Raum geschaffen werden müsse. Unterschiede gab es bei der Bewertung des Grichenland-Rettungsfonds und den konkreten Forderungen für die Zukunft. Es lag natürlich etwas die Frage in der Luft, inwieweit der Kreisverband München hier überhaupt die richtige Plattform für eine derartige Diskussion sei. Tatsächlich ging es aber wohl auch gar nicht darum, mit einer Entscheidung größer etwas zu beinflussen, sondern viel mehr um den Akt der Meinungsbildung an der Parteibasis. Bei dieser Diskussion machte sich auch wegen der fortgeschrittenen Zeit eine gewisse Fluchttendenz bei den Besuchern breit; ein Antrag zur Vertagung wurde aber sehr knapp abgelehnt. Eher knapp wurde schlussendlich der Antrag von Jerzy Montag angenommen.

Als letztes Thema des Tages kam noch durch Florian Roth die Haushaltsplanung Münchens für die kommenden Jahre zur Sprache – im besonderen das beschlossene Sparpaket. Nötig sei dies, da die Einnahmen der Stadt zurückgingen, besonders in den Bereichen, auf welche die Stadt selbst keinen Einfluss habe. Insgesamt stellte er das Paket als sozial ausgewogen dar, insbesondere betonte er, dass bei der Bildung, Erziehung und vergleichbaren sozialen Einrichtungen nicht gespart werde – und durch zusätzliche Investitionen in ein Klimaschutzprogramm gezeigt werden solle, dass eine Stadt auch in einer finanziell schwierigen Zeit noch Gestaltungsspielraum hat.